Ein Hinweisgebersystem ist ein System, das es Mitarbeitern, Kunden und anderen Stakeholdern ermöglicht, Fehlverhalten in einer Organisation zu melden. Hinweisgebersysteme können dabei helfen, Compliance-Verstöße aufzudecken und zu verhindern.

Hinweisgebersysteme sollten folgende Merkmale aufweisen:

  • Vertraulichkeit: Hinweisgeber sollten sicher sein können, dass ihre Identität geschützt wird.
  • Anonymität: Hinweisgeber sollten die Möglichkeit haben, anonym zu melden.
  • Unparteilichkeit: Die Untersuchung von Hinweisen sollte unparteiisch und objektiv erfolgen.
  • Reaktion: Das Unternehmen sollte auf Hinweise angemessen reagieren.

In Deutschland ist die Einrichtung von Hinweisgebersystemen seit dem 17. Juli 2022 für Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten gesetzlich vorgeschrieben. Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten sollten dennoch ein Hinweisgebersystem einrichten, um Compliance-Verstöße zu verhindern und zu aufzudecken.

Die Vorteile von Hinweisgebersystemen umfassen:

  • Aufdeckung von Compliance-Verstößen: Hinweisgebersysteme können dabei helfen, Compliance-Verstöße aufzudecken, die sonst unbemerkt bleiben könnten.
  • Verbesserung der Compliance-Kultur: Hinweisgebersysteme können dazu beitragen, eine Compliance-Kultur in der Organisation zu schaffen, in der Mitarbeiter sich ermutigt fühlen, Fehlverhalten zu melden.
  • Schutz von Mitarbeitern: Hinweisgebersysteme können dazu beitragen, Mitarbeiter vor Repressalien zu schützen, wenn sie Fehlverhalten melden.

Die Nachteile von Hinweisgebersystemen umfassen:

  • Kosten: Die Einrichtung und der Betrieb eines Hinweisgebersystems können Kosten verursachen.
  • Zeitaufwand: Die Untersuchung von Hinweisen kann Zeit und Ressourcen in Anspruch nehmen.
  • Missbrauch: Hinweisgebersysteme können auch für den Missbrauch durch unlautere Mitarbeiter genutzt werden.

Insgesamt sind Hinweisgebersysteme ein wichtiges Instrument zur Verbesserung der Compliance-Kultur in einer Organisation. Durch die Einrichtung eines Hinweisgebersystems kann das Unternehmen Compliance-Verstöße aufdecken und verhindern und das Vertrauen von Mitarbeitern, Kunden und anderen Stakeholdern stärken.

Hier sind einige Tipps für die Einrichtung eines effektiven Hinweisgebersystems:

  • Kommunikation: Das Unternehmen sollte seine Mitarbeiter und andere Stakeholder über das Hinweisgebersystem informieren.
  • Schulung: Das Unternehmen sollte seine Mitarbeiter über die Funktionsweise des Hinweisgebersystems und ihre Rechte als Hinweisgeber schulen.
  • Transparenz: Das Unternehmen sollte transparent über die Ergebnisse von Hinweisgebermeldungen informieren.
  • Nachhaltigkeit: Das Hinweisgebersystem sollte regelmäßig überprüft und aktualisiert werden.

By: Bard

Whistleblower-Gesetz

Das Whistleblower-Gesetz kommt – jetzt wirklich

Was lange währt, wird zumindest endlich…fertig. Bund und Land haben sich im Vermittlungsausschuss Anfang Mai nach langem Hin und Her endlich darauf einigen können, wie sie die europäischen Vorgaben zum Whistleblower-Gesetz in deutsches Recht umsetzen wollen. Beschäftigte, die auf Rechtsverstöße bei Unternehmen oder Behörden hinweisen, sollen nun besonderen Schutz, insbesondere vor Repressalien oder sogar Entlassung, genießen. Im ersten Anlauf was das Whistleblower-Gesetz noch im Bundesrat gescheitert. Nun soll es im Juni 2023 in Kraft treten.

Was wurde am Whisteblower-Gesetz geändert?

  • Beruflicher Kontext
    Hinweise sind nur dann relevant im Sinne des Gesetzes, wenn sie sich auf den Arbeitgeber des Whistleblowers oder dessen berufliches Umfeld beziehen.
  • Anonyme Meldungen
    Die Möglichkeit, Hinweise intern oder extern anonym zu geben, müssen Unternehmen und Behörden nicht mehr verpflichtend vorsehen, es gibt nur eine Empfehlung dazu. Bearbeiten sollen die Meldestellen anonyme Meldungen aber weiterhin.Außerdem wurde im Gesetz festgehalten, dass Hinweisgeber interne Meldestellen präferieren sollen, wenn das Problem intern zu beheben ist und der Whistleblower durch seine Meldung keine negativen Konsequenzen zu befürchten hat.
  • Bußgelder
    Unternehmen oder Behörden, die keine interne Meldestelle schaffen, mussten bislang Bußgelder bis zu 100.000 Euro fürchten. Die Maximalstrafe wurde im Vermittlungsausschuss um die Hälfte reduziert. Auch tritt die Regelung zum Bußgeld frühestens Ende 2023 in Kraft.
Whistleblower-Hotline

Whistleblower-Gesetz vorerst im Bundesrat gescheitert

Nun kommt es also doch nicht so schnell wie gedacht: Das Whistleblower-Gesetz, das eigentlich laut EU-Vorgaben schon vor einem Jahr in deutsches Recht hätte umgesetzt werden müssen, dreht voraussichtlich eine Extrarunde im Vermittlungsausschuss: Nach der Verabschiedung im Bundestag im vergangenen Dezember hatte es der Bundesrat scheitern lassen.

Argumente gegen die Regeln, unter denen Hinweisgeber Compliance-Verstöße im Unternehmen sowohl intern als auch extern melden können, ohne persönliche Nachteile fürchten zu müssen:

  • Bürokratischer Aufwand gerade für die Möglichkeit der anonymen Meldung für kleine und mittelgroße Unternehmen zu hoch
  • Möglicher Missbrauch der anonymen Meldung im Sinne böswilliger Verleumdung

Das Whistleblower-Gesetz landet nun aller Voraussicht nach im Vermittlungsausschuss, muss aber dennoch zügig umgesetzt werden. Schließlich läuft unter anderem gegen Deutschland bereits ein Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission, weil EU-Recht auf nationaler Ebene immer noch nicht umgesetzt wurde.

Wir empfehlen, dass Unternehmen dennoch kurzfristig die Voraussetzungen und Strukturen schaffen, um die Whistleblower-Richtlinie umsetzen zu können. Sollten Sie Unterstützung bei der Anpassung Ihres Compliance Managements haben, stehen wir für Sie bereit.

Whistleblower-Hotline

Hinweisgeberschutzgesetz kommt voraussichtlich im April 2023

Wenn am 10. Februar der Bundesrat zustimmt und das Hinweisgeberschutzgesetz im Bundesgesetzblatt verkündet ist, bleibt Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten nur noch ein Vierteljahr Zeit für die Umsetzung der neuen Whistleblower-Regeln.  Arbeitgeber ab 50 Mitarbeitern müssen sich bis Dezember 2023 darauf einstellen: Sie können dazu auch mit anderen Unternehmen gleicher Größenordnung zusammenarbeiten. Wir fassen zusammen, was zu tun ist.

Vom Bundestag verabschiedet wurde das neue Gesetz schon im Dezember 2022. Damit setzt das Hinweisgeberschutzgesetz die EU-Whistleblower-Richtlinie mit gut einem Jahr Verspätung um. Das Gesetz schreibt künftig vor, dass Unternehmen ein System für Hinweisgeber aufbauen muss, durch das deren Informationen über jedwede Form von Straftaten und schwere Ordnungswidrigkeiten als Frühwarnungen verarbeitet, zugleich aber die Whistleblower vor Nachteilen an ihrem Arbeitsplatz wie etwa Kündigung, Abmahnung oder schlechte Beurteilungen geschützt werden. Das gilt sowohl für private Unternehmen ab der genannten Größe als auch für öffentliche Arbeitgeber.Was schreibt das Hinweisgeberschutzgesetz vor?

  • Unternehmen müssen Meldekanäle einrichten, über die Hinweisgeber ihre Informationen auch anonym abgeben können. Diese Vorgabe ist bis 1. Januar 2025 umzusetzen.
  • Es muss die Möglichkeit geschaffen werden, dass Whistleblower sich sowohl an unternehmensinterne als auch externe Stellen des Landes oder Bundes wenden können – und zwar mündlich, schriftlich als auch persönlich. Die internen Meldestellen sollen so gestaltet werden, dass sie bevorzugte Anlaufstelle für Hinweisgeber sind. Damit soll einer internen Lösung des gemeldeten Problems der Vorzug gegeben werden. Übrigens: Veröffentlicht ein Whistleblower Informationen über Straftaten gegen geltendes Recht im Unternehmen, schützt ihn das neue Gesetz nur, wenn eine externe Meldung bis dahin nicht erfolgreich war und die Allgemeinheit dadurch gefährdet wird.
  • Meldet ein Beschäftigter Rechtsverstöße im Unternehmen und erfährt entgegen der gesetzlichen Regelung dennoch Nachteile durch den Arbeitgeber, hat er künftig Anspruch auf Schmerzensgeld – und zwar sowohl für materiellen als auch für immaterielle Schäden.
  • Eine interne Stelle zur Entgegennahme von Hinweisen muss mit einer Fachkraft samt Fachkunde ausgestattet sein, die die Informationen aufnimmt, verarbeitet und entsprechende Maßnahmen einleitet. Der Hinweisgeber hat das Recht auf eine Rückmeldung über den Eingang der Informationen innerhalb von sieben Tagen, über die ergriffenen Maßnahmen innerhalb von drei Monaten. Zu denen gehören unter anderem unternehmensinterne Untersuchungen, die Delegation des Verfahrens an andere Unternehmensbereiche oder externe Stellen. Werden externe Stellen eingeschaltet, muss das Unternehmen den Austausch über das Verfahren schriftlich dokumentieren.
  • Sämtliche Informationen sowohl zum Hinweisgeber als auch zu Betroffenen sind vertraulich zu behandeln. Nach drei Jahren müssen die Daten gelöscht werden. Für Verstöße gegen die Vertraulichkeit haften die Verantwortlichen der Meldestelle.
  • Da Unternehmen nicht nur eine Meldestelle für Hinweisgeber etablieren müssen, sondern beispielsweise auch weitere im Rahmen des Geldwäsche- und Lieferkettengesetzes, können die zu einer einzigen Meldestelle zusammengelegt werden.
  • In Konzernen kann eine zentrale Meldestelle für alle zugehörigen Gesellschaften eingerichtet werden.
  • Betriebsräte haben ein Mitbestimmungsrecht bei der Umsetzung des Hinweisgeberschutzgesetzes.
  • Unternehmen, die künftig gegen das Hinweisgeberschutzgesetz verstoßen, können mit Geldbußen bis zu 100.000 Euro belegt werden.

Das neue Hinweisgeberschutzgesetz im Unternehmen umzusetzen, bedeutet vor allem, eindeutige Vorschriften zu formulieren, wie mit Meldungen verfahren wird. Das kann je nach Unternehmensstruktur zeitaufwändig und komplex sein und sollte im Rahmen des Compliance Managements geregelt sein. Wir beraten Sie gerne dazu.

Whistleblower-Hotline

Whistleblower und DSGVO – ein Widerspruch?

Schließen sich Whistleblowing und EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) gegenseitig aus? Bereits 2018 hatten die Bundes- und Landesdatenschutzbehörden eine „Orientierungshilfe zu Whistleblowing-Hotlines: Firmeninterne Warnsysteme und Beschäftigtendatenschutz“ herausgegeben. Da Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) die Einführung des Hinweisgeberschutzgesetzes vorantreibt und mit einer Verabschiedung nach der Sommer-Parlamentspause zu rechnen ist, sollten sich Unternehmen aktuell damit auseinandersetzen.

Das Hinweisgeberschutzgesetz schützt Menschen, die in der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit über Verstöße in ihrer Organisation erfahren und darüber interne oder auch externe Stellen informieren. Gemäß dem neuen Gesetz, mit dem eine EU-Richtlinie in Deutschland umgesetzt wird, sind alle Formen von Repressalien oder Vergeltungsmaßnahmen, die sich gegen den sogenannten Whistleblower richten, verboten.

Einen Haken gibt es allerdings insofern, dass die DSGVO in Artikel 14 vorschreibt, dass Unternehmen die Betroffenen – also die Menschen, gegen deren Verhalten sich die Whistleblower-Meldung richtet – informieren müssen, wenn deren personenbezogene Daten erhoben oder verarbeitet werden. Mit anderen Worten: Geht eine Meldung über Beschäftigte ein, müssen sie darüber informiert werden. Das bedeutet aber zugleich, dass der Name des Hinweisgebers dadurch publik würde.

Um zu verhindern, dass das Werkzeug des Whistleblowings zur Verhinderung von Missständen in Unternehmen nicht oder weniger genutzt wird, müssen Unternehmen entsprechende Vorkehrungen treffen:

  • Zunächst müssen Hinweisgeber ganz deutlich auf die mögliche Einschränkung der Vertraulichkeit hingewiesen werden, wenn sie ihre Angaben nicht anonym machen wollen.
  • Die Datenschutzbehörden raten außerdem zur Einführung digitaler Whistleblower-Systemen in Unternehmen, über die die Hinweise auch anonym abgegeben werden können. Wünschen Beschuldigte Auskunft über die erfassten personenbezogenen Daten, bleibt die Identität des Hinweisgebers geschützt.

Wichtig ist, dass das Whistleblower-System in Unternehmen für alle Beteiligten transparent ist und Schutz für alle bietet – zum einen für den Hinweisgeber, zum anderen aber auch für die personenbezogenen Daten dessen, der eines Fehlverhaltens beschuldigt wird.

Hinweisgeberschutzgesetz

Neuer Anlauf zum Hinweisgeberschutzgesetz

Bundesjustizminister Marco Buschmann hat einen neuen Anlauf für ein Hinweisgeberschutzgesetz genommen. Bereits im April gab er seinen Entwurf an die anderen Ministerien weiter. Was unter seiner Vorgängerin Christine Lambrecht vor knapp zwei Jahren an Unstimmigkeiten in der großen Koalition gescheitert war, soll nun in ähnlicher Form zum Erfolg führen.

Beschäftigte in Unternehmen und Behörden nähmen Missstände oftmals als erste wahr und könnten durch ihre Hinweise dafür sorgen, dass Rechtsverstöße aufgedeckt, untersucht, verfolgt und unterbunden würden, heißt es aus dem Bundesjustizministerium. Hinweisgeber übernähmen Verantwortung für die Gesellschaft und verdienten daher Schutz vor Benachteiligungen, die ihnen wegen ihrer Meldung drohten und sie davon abschrecken könnten.

„Mit dem Referentenentwurf eines Gesetzes für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen sowie zur Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, soll der bislang lückenhafte und unzureichende Schutz von hinweisgebenden Personen ausgebaut und die Richtlinie (EU) 2019/1937 in nationales Recht umgesetzt werden“, ist im Entwurf zu lesen. Gleichzeitig solle das Ziel eines verbesserten Hinweisgeberschutzes mit den Interessen von Unternehmen und öffentlicher Verwaltung, die zum Ergreifen von Hinweisgeberschutzmaßnahmen verpflichtet würden, so in Einklang gebracht werden, dass bürokratische Belastungen handhabbar blieben.

Was sieht der neue Gesetzentwurf vor?

Riesige Unterschiede zum Vorschlag Lambrechts gibt es in Buschmanns Anlauf zum Hinweisgeberschutzgesetz nicht. Er baut darauf auf. Am ehesten fällt auf:

  • Der Geltungsbereich wird ausgeweitet: Geschützt werden soll künftig nicht nur der Beitrag dazu, Verstöße gegen EU-Recht aufzudecken. Darüber hinaus sollen die Regeln auch für bestimmte Bereiche des deutschen Rechts anwendbar sein.
  • Zu sogenannten Whistleblowern, die durch das Gesetz geschützt werden, sollen gemäß Buschmann alle Personen zählen, die rund um ihren Arbeitsplatz Verstöße gegen EU- oder deutsches Recht feststellen und öffentlich machen – also auch Beamte, Selbstständige, Anteilseigner oder Mitarbeiter von Lieferanten.
  • Die Hinweisgeber sollen zwischen unternehmensinternen und externen Meldekanälen wählen können. Damit werden Unternehmen mit über 50 Mitarbeitern und öffentliche Stellen künftig interne Meldemöglichkeiten einrichten müssen. Möchte der Whistleblower nicht die Unternehmenskanäle nutzen, soll er sich an eine neu zu schaffende Stelle beim Bundesamt für Justiz wenden können, entsprechende Pendants auf Landes- und Kommunalebene.
  • In einem Konzern soll eine Meldestelle bei der Konzernmutter ausreichen.
  • Weder die internen noch die externen Kanäle sollen dazu verpflichtet werden, anonyme Meldemöglichkeiten einzurichten.
  • In den Anwendungsbereich sollen „insbesondere alle Verstöße einbezogen werden, die strafbewehrt sind sowie bußgeldbewehrte Verstöße, soweit die verletzte Vorschrift dem Schutz von Leben, Leib, Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dient“ (Bundesjustizministerium).
  • Der Gesetzentwurf enthält zwei Schadensersatzvorschriften: Der Hinweisgeber erhält Schadenersatz, wenn der Arbeitgeber gegen das Repressalienverbot verstößt. Auf der anderen Seite ist ein Whistleblower zu Schadenersatz verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig Falschmeldungen macht.
  • Verstöße gegen die wesentlichen Vorgaben des Hinweisgeberschutzgesetzes sollen als Ordnungswidrigkeiten mit einer Geldbuße bestraft werden können – zum Beispiel für das Behindern von Meldungen oder Repressalien gegen den Hinweisgeber nach erfolgter Meldung.

Wir empfehlen Unternehmen, sich auf die Einrichtung von internen Meldekanälen vorzubereiten. Es ist nach aktuellem Stand damit zu rechnen, dass das neue Hinweisgeberschutzgesetz noch in diesem Jahr verabschiedet wird.

Hinweisgeberschutzgesetz

Neue Whistleblower-Richtlinie – Was KMU beachten sollten

Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten müssen im Zuge der Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie ein Meldesystem einführen. Ob der Gesetzgeber bis Ende 2021 die Umsetzung schafft, bleibt abzuwarten. Dennoch sollten sich auch kleine und mittlere Unternehmen darauf vorbereiten, kurz- bis mittelfristig ein funktionierendes Meldesystem aufzubauen.

Whistleblowing: Ist die Umsetzung in nationales Recht bis Ende 2021 noch zu schaffen?

In Amerika schon lange vollkommen normal, in Deutschland und in der EU oftmals immer noch mit dem Ruf des Nestbeschmutzers behaftet – der Whistleblower. Nicht selten stehen Mitarbeiter, die in ihrem Unternehmen auf einen Rechtsverstoß wie beispielsweise Korruption oder Kartellbildung aufmerksam werden, vor einer schwierigen Frage: wegschauen, um Kollegen und Unternehmen nicht zu belasten oder die Gesetzeswidrigkeit der Geschäftsführung oder sogar Behörden melden. In diesem Konflikt schafft die neue EU-Whistleblower-Richtlinie zum Schutz von Hinweisgebern ein geeignetes Mittel, um nicht gesetzeskonformes Verhalten im Unternehmen zu unterbinden. Bis zum 17. Dezember dieses Jahres müsste die Bundesregierung die EU-Richtlinie in nationales Recht umsetzen. Aber ob das funktionieren wird?

Eigentlich müsste sie ein großes Interesse daran haben. Immerhin unterstützen Whistleblower die Unternehmensleitung dabei, überhaupt erst einmal vom nicht gesetzeskonformen Verhalten ihrer Mitarbeiter zu erfahren. Das ist umso wichtiger, als bei Bekanntwerden nicht nur der betreffende Mitarbeiter zur Verantwortung gezogen wird. Auch die Geschäftsführung haftet selbst dann, wenn sie von den Verstößen zuvor keine Kenntnis hatte.

Ziel der neuen Richtlinie ist es also, geeignete Informationskanäle für Whistleblower zu schaffen, um Verstöße gegen die Compliance aufzuklären und künftig zu verhindern sowie die Risiken der Geschäftsleitung zu minimieren, für dieses Verhalten zu haften. Außerdem lässt sich über ein geeignetes Hinweisgebersystem die Compliance einer Organisation dauerhaft verbessern, indem vertrauenswürdige Informationskanäle geschaffen und Hinweisgeber vor persönlichen Nachteilen im beruflichen und privaten Umfeld geschützt werden. Denn nur durch den Schutz vor straf- oder zivilrechtlichen Konsequenzen finden sich Whistleblower, die im Sinne des Unternehmens aktiv werden. „Hinweisgeber tun das Richtige für die Gesellschaft und sollten von uns geschützt werden, damit sie dafür nicht bestraft, entlassen, degradiert oder vor Gericht verklagt werden“, sagte Frans Timmermans, zum Zeitpunkt der Entscheidung 2018 Erster Vizepräsident der EU-Kommission. Bis dahin war der Schutz von Whistleblowern in der Europäischen Union nicht einheitlich geregelt. Die neuen EU-weiten Vorschriften zum Schutz von Hinweisgebern dienten genau diesem Zweck und sorgten dafür, dass Hinweisgeber Verstöße gegen das EU-Recht in vielen Bereichen sicher melden könnten. Dies werde Betrug, Korruption, Steuervermeidung durch Unternehmen sowie Schädigungen der menschlichen Gesundheit und der Umwelt bekämpfen helfen.

Hinweisgeber sollen dabei helfen, rechtswidrige Handlungen und illegale Machenschaften aufzudecken. Die Whistleblower sollen aber zugleich umfassende Unterstützung und Schutz genießen. Das neue System stärkt außerdem Arbeitgeber darin,  Probleme intern zu lösen, Hinweisgebern aber auch die Möglichkeit zu erhalten, sich ohne Angst vor Vergeltung an Behörden zu wenden.

„Die neuen Vorschriften decken ein breites Spektrum an EU-Rechtsbereichen ab, unter anderem die Geldwäschebekämpfung, die Unternehmensbesteuerung, den Datenschutz, den Schutz der finanziellen Interessen der Union, die Lebensmittel- und Produktsicherheit sowie den Umweltschutz und die nukleare Sicherheit. Überdies steht es den Mitgliedstaaten frei, diese Vorschriften auf andere Bereiche auszuweiten“, hieß es schon 2019 seitens der Europäischen Kommission. Sie empfiehlt ihnen, umfassende Rahmenbedingungen für den Schutz von Hinweisgebern zu schaffen.

Wie sieht die neue EU-Richtlinie zum Schutz des Hinweisgebers nun im Detail aus?

Die neue Richtlinie zum Schutz des Hinweisgebers

Bereits im April vor zwei Jahren hat das EU-Parlament den Richtlinien-Vorschlag „zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden“, verabschiedet. Der Vorschlag regelt nur offene, d.h. nicht anonyme Meldungen. Die Regelungen müssen innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden, Deutschland steht also unter Druck, bis Ende 2021 ein entsprechendes Gesetz zu verabschieden. Ziel des Richtlinien-Vorschlages ist es, durch den Schutz der Personen, die Verstöße melden, geltendes Recht besser durchsetzen zu können.

Deshalb wird die Einrichtung von Meldekanälen sowie Verfahren für Meldungen und Folgemaßnahmen für alle Unternehmen und Behörden ab einer bestimmten Größenordnung zur Pflicht. Wichtig dabei: Nutzen Unternehmen zur Einführung und Gestaltung des Hinweisgebersystems elektronische Kommunikation, unterliegt das System dem Mitbestimmungsrechts des Betriebsrates nach § 87 Abs.1 BetrVG. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber verpflichtet wird, Verstöße innerhalb des Unternehmens über einen internen Meldekanal zu melden.

Kategorisierung von „Whistleblowing“

Der Gesetzgeber unterscheidet beim Whistleblowing das sogenannte „interne“ vom „externen Whistleblowing“ sowie die „Offenlegung“. Beim „internen Whistleblowing“ meldet der Hinweisgeber Verstöße innerhalb seiner Organisation. Dabei kann die Meldung sowohl an unternehmenseigene Stellen wie den Chief Compliance Officer oder an vom Unternehmen beauftragte Berater wie einen Ombudsmann erfolgen. Beim „externen Whistleblowing“ gehen die Meldungen der Verstöße an zuständige Behörden außerhalb des Unternehmens des Hinweisgebers. Bei der sog. „Offenlegung“ macht der Hinweisgeber Verstöße schließlich öffentlich zugänglich.

Anwendungsbereich

Der Anwendungsbereich des EU-Richtlinien-Vorschlags bestimmt maßgebliche Eckpunkte für die rechtskonforme Ausgestaltung eines unternehmensinternen Hinweisgebersystems. Hierbei wird zwischen zwei Anwendungsbereichen unterschieden.

Sachlicher Anwendungsbereich

Erfasst werden u.a. Verstöße in den Bereichen

  • öffentliche Auftragsvergabe
  • Finanzdienstleistungen
  • Umweltschutz
  • Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit
  • Verbraucherschutz
  • Datenschutz
  • EU-Wettbewerbsvorschriften
  • Körperschaftssteuer-Vorschriften

Persönlicher Anwendungsbereich

In personeller Hinsicht gilt die Richtlinie für Hinweisgeber, die im privaten oder im öffentlichen Sektor tätig sind und im beruflichen Kontext Informationen über Verstöße erlangt haben. Der Hinweisgeber ist eine natürliche Person, die im Zusammenhang mit ihren Arbeitstätigkeiten erlangte Informationen über Verstöße meldet oder offenlegt.

Der Begriff ist weit auszulegen und erfasst

  • Arbeitnehmer
  • Beamte
  • Selbstständige
  • Anteilseigner
  • Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgane
  • ehrenamtlich tätige Personen
  • bezahlte oder unbezahlte Praktikanten
  • Personen von Auftragnehmern, Unterauftragnehmern oder Lieferanten

Dabei ist es nicht entscheidend, ob das „Arbeitsverhältnis“ noch besteht, bereits beendet ist oder noch gar nicht begonnen hat.

Informationen über Verstöße

Unter Informationen über Verstöße versteht der EU-Richtlinien-Vorschlag Informationen oder begründete Verdachtsmomente über tatsächliche oder potenzielle Verstöße. Erfasst werden auch Verschleierungsversuche bereits begangener oder sehr wahrscheinlich erfolgter Verstöße. Die Verstöße müssen jeweils in der Organisation, in der der Hinweisgeber tätig ist oder war oder in einer anderen Organisation, mit der er aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit in Kontakt steht oder stand, begangen worden sein.

Der Erwägungsgrund 43 der EU Richtlinie bestimmt, dass zwar keine eindeutigen Beweise beigebracht, aber begründete Bedenken oder ein begründeter Verdacht  geäußert werden müssen. Eine „Behauptung ins Blaue hinein“, Spekulationen oder Gerüchte werden diesen Anforderungen nicht genügen.

Meldekanäle

Entscheidet sich ein Whistleblower dazu, Hinweise zu nicht rechtskonformen Verhalten in einer Organisation zu geben, stehen ihm drei verschiedene Meldekanäle zur Verfügung. Sie müssen je nach Unternehmensgröße unterschiedlich ausgestaltet werden.

Interne Meldekanäle (innerhalb juristischer Personen)

Die Verpflichtung zur Einrichtung eines internes Meldesystems gilt für sämtliche Unternehmen. Für Unternehmen der Finanzbranche sowie dem öffentlichen Sektor (Juristische Personen des Öffentlichen Rechts) gilt diese Verpflichtung unabhängig der Zahl ihrer Beschäftigten. Eine wichtige Ausnahme hiervon gilt jedoch für Juristische Personen des Privaten Rechts. Diese müssen erst ab einem Schwellenwert von 50 Mitarbeitern (einschließlich freier Mitarbeiter) ein internes Meldesystem einrichten.

Für Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten sieht der Gesetzgeber hingegen eine organisatorische Vereinfachung vor: Sie können Ressourcen beim Betrieb des Meldesystems teilen, um Synergieeffekte zu nutzen und Kosten einzusparen.

Unternehmen mit mehr als 249 Beschäftigten wiederum müssen auf jeden Fall ein eigenes Hinweisgebersystem vorhalten.

Anforderungen an die Meldekanäle

An die unterschiedlichen Meldekanäle stellt der Gesetzgeber strenge Anforderungen, um den Informationsgeber zuverlässig zu schützen. Sie müssen so sicher konzipiert, eingerichtet und betrieben werden, dass die Identitäten sowohl des Hinweisgebers als auch etwaiger dritter Personen stets vertraulich bleiben und Unbefugte keinen Zugriff auf das Meldesystem haben. Das gilt sowohl für interne Abteilungen, die sich mit den Informationen beschäftigen als auch für externe Dritte, die das Meldesystem unterhalten. Anderen Personen darf die Identität des Hinweisgebers nur mit dessen ausdrücklicher Zustimmung bekannt gemacht werden

Der Gesetzgeber legt zudem hohen Wert darauf, dass ein vorhandenes Meldesystem leicht genutzt werden kann. Deshalb muss die Organisation ihre Arbeitnehmer in klarer und leicht verständlicher Sprache darüber informieren, dass ein Meldesystem im Unternehmen existiert und wie sie es nutzen können. Der Hinweisgeber soll also ohne großen Aufwand herausfinden können, auf welche Weise er intern seinen Hinweis abgeben kann.

Übermittlungswege und Prozess

Hat sich ein Whistleblower entschieden, Informationen über möglicherweise nicht rechtskonformes Verhalten im Unternehmen weiterzugeben, muss er das mündlich, schriftlich oder auf Wunsch in einem persönlichen Treffen machen können. „Schriftlich“ bedeutet in diesem Zusammenhang auch die Übermittlung über eine Online Plattform (Intranet oder Internet).

Erhält das Unternehmen eine interne Meldung, hat es anschließend sieben Tage Zeit, dem Hinweisgeber den Eingang der Meldung zu bestätigen oder eine Rückmeldung zu geben, welche Folgemaßnahmen seine Meldung nach sich zieht. Erhält der Whistleblower eine Eingangsbestätigung, beträgt die Frist für die Rückmeldung über die Folgemaßnahmen drei Monate. Bereits in der Eingangsbestätigung soll eine neutrale Person oder Abteilung benannt sein, die für die Folgemaßnahmen zuständig ist. Dies darf die gleiche Person oder Stelle sein, die die Meldung entgegengenommen hat und mit dem Hinweisgeber in Kontakt bleibt.

Im Falle anonymer Meldungen, bei denen die Übermittlung einer Eingangsbestätigung oder Rückmeldung per se nicht in Betracht kommt, sieht der EU-Richtlinien-Vorschlag lediglich „ordnungsgemäße Folgemaßnahmen“ entsprechend dem nationalen Recht vor.

Alle eingehenden Meldungen müssen dokumentiert werden. Schriftliche oder elektronische Meldungen sind zu speichern, telefonische oder sonstige mündliche Informationen sollen aufgezeichnet oder mit einer Abschrift des Gespräches festzuhalten werden, sofern der Hinweisgeber seine Zustimmung hierzu erteilt. Tut er das nicht, muss ein Gesprächsprotokoll erstellt werden, das dem Hinweisgeber zur Kontrolle, Korrektur und Bestätigung durch Unterschrift vorgelegt werden muss. Gibt der Hinweisgeber seine Meldung im Rahmen einer persönlichen Zusammenkunft ab, darf auch diese mit einer Tonaufzeichnung oder detailliertem Protokoll festgehalten werden.

Grundsätzlich müssen bei dem gesamten Procedere die EU-rechtlichen Datenschutzregeln eingehalten werden. Dazu zählt die Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei der Verarbeitung personenbezogener Daten – sowohl im Hinblick auf die Ausgestaltung als auch den Betrieb des Hinweisgebersystems, die Vornahme einer Datenschutz-Folgeabschätzung, der Abschluss erforderlicher Auftragsverarbeitungsverträge und die Erstellung eines Löschkonzeptes. Zum Schutz der Rechte der von der Datenverarbeitung betroffenen Personen müssen z.B. Auskunftsrechte, das Recht auf Löschung und das Recht auf Datenübertragbarkeit sichergestellt werden.

Externe Meldekanäle (Zuständige Behörde)

Dem Hinweisgeber sollen neben den unternehmensinternen auch externe Meldekanäle zur Verfügung stehen. Diese sollen in noch von den Mitgliedstaaten zu bestimmenden Behörden eingerichtet werden. Das externe Meldesystem soll ebenfalls in der Lage sein, Meldungen entgegenzunehmen, Rückmeldungen zu geben und adäquate Folgemaßnahmen zu ergreifen.

Im Einzelnen sind die Anforderungen an die externen Meldekanäle (Sicherheit, Vertraulichkeit, Fristen) denen der internen sehr ähnlich. Sie müssen zudem unabhängig und autonom sein. Ist eine externe Meldung erfolgt, soll sie eine behördliche Untersuchung nach sich ziehen.

Offenlegung (Öffentliches Zugänglichmachen)

Das öffentliche Zugänglichmachen von Informationen ist der letzte Ausweg (Ultima Ratio) des Hinweisgebers und durch den EU-Richtlinien-Vorschlag ebenfalls geschützt. Hierzu zählen das Publikmachen etwa direkt über Internet-Plattformen und soziale Medien oder indirekt über die Medien, gewählte Amtsträger, zivilgesellschaftliche Organisationen, Gewerkschaften oder Berufsverbände. Für eine Offenlegung müssen Personen, die Informationen über Verstöße melden, drei Voraussetzungen erfüllen, damit sie umfassenden Schutz als Whistleblower genießen:

  1. Wahrheitsgehalt der Information
    Der Hinweisgeber muss einen hinreichenden Grund zu der Annahme gehabt haben, dass die gemeldeten Informationen zum Zeitpunkt der Meldung der Wahrheit entsprochen haben. Geschützt werden dabei nicht nur Hinweisgeber, die eindeutige Beweise beibringen, sondern auch solche, die in gutem Glauben ungenaue Informationen melden. Hierfür hat der Hinweisgeber (lediglich) die ihm verfügbaren Informationen – unter Berücksichtigung der konkreten Umstände – auszuwerten.
    Keinen Schutz genießen Personen, die zum Zeitpunkt der Meldung wissentlich falsche oder irreführende Informationen melden und damit böswillig und missbräuchlich handeln.
  2. Eröffnung des Anwendungsbereiches
    Der Hinweisgeber muss einen hinreichenden Grund zu der Annahme gehabt haben, dass die gemeldeten Informationen in den Anwendungsbereich des EU-Richtlinien-Vorschlages fielen. Der Hinweisgeber wird auch dann geschützt, wenn er in gutem Glauben davon ausgeht, dass seine Meldung oder Offenlegung einen Verstoß gegen geschütztes Unionsrecht betrifft.
  3. Nutzung eines Meldekanals
    Der Hinweisgeber muss den Verstoß schließlich über einen der drei Meldekanäle melden bzw. offenlegen. Zwischen dem internen Meldekanal, dem externen Meldekanal und der Offenlegung kann er jedoch nur eingeschränkt frei wählen. Denn er muss auf jeden Fall die Meldereihenfolge – intern – extern – Offenlegung einhalten.

Eine Offenlegung ist im Übrigen nur bei drei Konstellationen zulässig:

  1. Der Hinweisgeber hat zunächst den internen und/oder externen Meldekanal benutzt. Es wurden jedoch innerhalb des festgelegten Zeitraumes keine geeigneten Maßnahmen ergriffen.
  2. Der Whistleblower hat hinreichenden Grund zu der Annahme, dass der Verstoß eine unmittelbare oder offenkundige Gefährdung des öffentlichen Interesses darstellen kann (Notsituation oder bei Gefahr eines irreversiblen Schadens).
  3. Oder er hat hinreichenden Grund zu der Annahme, dass Beweismittel unterschlagen oder vernichtet werden könnten, weil zwischen einer Behörde und dem Urheber des Verstoßes Absprachen bestehen oder die Behörde an dem Verstoß beteiligt ist. Unterbleibt z.B. die Bestätigung des Eingangs innerhalb einer Frist von sieben Tagen nach Meldungseingang, kann der Hinweisgeber am 9. Tag nach Meldungseingang offenlegen, wenn nicht am Tag zuvor geeignete Maßnahmen ergriffen wurden.

Whistleblower Meldesystem im Unternehmensinteresse

Die Konzeption, Einrichtung und der Betrieb eines unternehmensinternen Meldesystems ist für Unternehmen vergleichsweise aufwändig. Dennoch ist es in ihrem ureigensten Interesse, es zeitnah und zuverlässig in der Organisation zu etablieren. Was spricht dafür?

  • Durch das Meldesystem und die darin eingehenden Informationen erhält ein Unternehmen die Chance, nicht rechtskonformes Verhalten aufzudecken und für die Zukunft zu unterbinden. Außerdem gibt es Hinweise auf Schwächen im eigenen Compliance Management System, die es dadurch gezielt beseitigen kann. Das eindeutig rechtskonforme Verhalten spart im Zweifelsfall nicht nur Kosten, weil es Strafen verhindert. Es erhält auch die Reputation gegenüber den Geschäftspartnern.
  • Ein verlässliches internes Meldesystem senkt das Risiko, dass ein Whistleblower sich an externe Dritte wendet oder den Regelverstoß offenlegt.

Klare Vorschriften, wie ein Meldesystem auszusehen hat, gibt es im derzeitigen Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums allerdings nicht. Das soll den Unternehmen zum einen ermöglichen, sich an „Best-Practice-Beispielen“ anderer Organisationen bei der eigenen Ausgestaltung zu orientieren, zum anderen die notwendige Freiheit für individuelle Lösungen geben.

Wichtig erscheint, dass sowohl Mitarbeiter als auch externe Dritte, die für das Hinweisgebersystem zuständig sind, regelmäßig über relevante Richtlinien und mögliche Veränderungen geschult werden. Auch die umfassende Information sämtlicher Mitarbeiter in einer Organisation ist entscheidend für den Erfolg eines Hinweisgebersystems: Sie müssen über die Möglichkeiten des Whistleblowings informiert sein und zugleich absolut sicher sein können, dass ihre Informationen vertraulich und nicht zu ihrem Nachteil behandelt werden.

Dieser Fachbeitrag ist auch beim Deutschen Mittelstandsbund erschienen.

Whistleblower

EU schützt Whistleblower künftig einheitlich

Auf europäischer Ebene wird es künftig hohe Standards für den Schutz sogenannter Whistleblower geben, die Verstöße gegen das EU-Recht in Unternehmen melden. „Hinweisgeber tun das Richtige für die Gesellschaft und sollten von uns geschützt werden, damit sie dafür nicht bestraft, entlassen, degradiert oder vor Gericht verklagt werden“, sagte Frans Timmermans, zum Zeitpunkt der Entscheidung in diesem Frühjahr Erster Vizepräsident der EU-Kommission. Bislang ist der Schutz von Whistleblowern in der Europäischen Union nicht einheitlich geregelt.

„Die neuen EU-weiten Vorschriften zum Schutz von Hinweisgebern dienen genau diesem Zweck und werden dafür sorgen, dass Hinweisgeber Verstöße gegen das EU-Recht in vielen Bereichen sicher melden können. Dies wird Betrug, Korruption, Steuervermeidung durch Unternehmen sowie Schädigungen der menschlichen Gesundheit und der Umwelt bekämpfen helfen. Wir fordern die Mitgliedstaaten auf, ausgehend von diesen Prinzipien umfassende Rahmenbedingungen für den Schutz von Hinweisgebern zu schaffen“, so Timmermans weiter.

Hinweisgeber sollen dabei helfen, rechtswidrige Handlungen und illegale Machenschaften aufzudecken. Die Whistleblower sollen aber zugleich umfassende Unterstützung und Schutz genießen. Das neue System stärkt außerdem Arbeitgeber darin,  Probleme intern zu lösen, Hinweisgebern aber auch die Möglichkeit zu erhalten, sich ohne Angst vor Vergeltung an Behörden zu wenden.

„Die neuen Vorschriften decken ein breites Spektrum an EU-Rechtsbereichen ab, unter anderem die Geldwäschebekämpfung, die Unternehmensbesteuerung, den Datenschutz, den Schutz der finanziellen Interessen der Union, die Lebensmittel- und Produktsicherheit sowie den Umweltschutz und die nukleare Sicherheit. Überdies steht es den Mitgliedstaaten frei, diese Vorschriften auf andere Bereiche auszuweiten. Die Kommission empfiehlt ihnen, ausgehend von diesen Prinzipien umfassende Rahmenbedingungen für den Schutz von Hinweisgebern zu schaffen.

Klare Meldeverfahren und Pflichten für Arbeitgeber

Mit den neuen Vorschriften wird ein System von sicheren Kanälen für die Meldung von Missständen sowohl innerhalb einer Organisation als auch an Behörden geschaffen.

Sichere Meldekanäle

Hinweisgeber werden ermutigt, Missstände zunächst intern zu melden, wenn der Verstoß, den sie aufdecken möchten, innerhalb ihrer Organisation wirksam angegangen werden kann und sie keine Vergeltungsmaßnahmen riskieren. Je nach den Umständen im jeweiligen Fall können sie sich auch direkt an die zuständigen Behörden wenden. Wenn nach der Meldung an die Behörden keine geeigneten Maßnahmen ergriffen werden, eine drohende oder offenkundige Gefahr für das öffentliche Interesse zu erkennen ist oder eine Meldung an die Behörden keine Option wäre, beispielsweise weil die betreffenden Behörden und der Straftäter Absprachen getroffen haben, können Hinweisgeber mit ihren Informationen an die Öffentlichkeit gehen und hierfür auch die Medien nutzen. Dies bietet Hinweisgebern Schutz, wenn sie als Quellen für investigativen Journalismus dienen.

Vermeidung von Vergeltungsmaßnahmen und wirksamer Schutz

Die Vorschriften schützen Hinweisgeber vor Kündigungen, Zurückstufungen und anderen Repressalien. Ferner werden die nationalen Behörden verpflichtet, die Bürgerinnen und Bürger über die Verfahren zur Meldung von Missständen und über den bestehenden Schutz zu informieren. Darüber hinaus werden Hinweisgeber in Gerichtsverfahren geschützt.“  (Quelle: Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 12. März 2019)

Was bedeutet das für Unternehmen?

Unternehmen werden künftig verpflichtet sein, ein Hinweisgebersystem aufzubauen, so dass Whistleblower interne Verstöße gegen geltendes Recht anzeigen können, ohne Repressalien befürchten zu müssen. SAT wird Sie künftig beraten, wie Sie ein solches System einführen können und damit den EU-Vorschriften gerecht werden.

Whistleblower-Gesetz

Europäische Kommission plant neue Richtlinie zum Schutz der Whistleblower

Die Europäische Kommission plant den besseren Schutz von Whistleblowern. Ende April hat Frans Timmermans, Erster Kommissions-Vizepräsident, den Vorschlag zu einer neuen Richtlinie zur Stärkung des Schutzes von Hinweisgebern (Whistleblower) in der gesamten EU vorgestellt.

Rahmenbedingungen für den Schutz der Whistleblower schaffen

In der Information der Europäischen Kommission heißt es: „Der Vorschlag gewährleistet EU-weiten Schutz bei der Meldung von Verstößen gegen das EU-Recht in den Bereichen öffentliche Auftragsvergabe, Finanzdienstleistungen, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, Produktsicherheit, Verkehrssicherheit, Umweltschutz, kerntechnische Sicherheit, Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit, Tiergesundheit und Tierschutz, öffentliche Gesundheit, Verbraucherschutz, Schutz der Privatsphäre, Datenschutz und Sicherheit von Netz- und Informationssystemen. Die neuen Vorschriften sollen außerdem bei Verstößen gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften und die Körperschaftsteuer-Vorschriften sowie bei Schädigungen der finanziellen Interessen der EU zur Anwendung kommen. Die Kommission empfiehlt den Mitgliedstaaten, über diese Mindeststandards hinauszugehen und darauf aufbauend umfassende Rahmenbedingungen für den Schutz von Hinweisgebern zu schaffen.“

Ohne Whistleblower wären Skandale nicht aufgedeckt worden

„Viele der jüngsten Skandale wären nicht ans Licht gekommen, hätten Hinweisgeber nicht den Mut gehabt, sie zu melden. Dabei haben sie jedoch große Risiken auf sich genommen. Wenn wir Hinweisgeber besser schützen, können wir Gefahren für das öffentliche Interesse wie Betrug, Korruption, Steuervermeidung und Schäden für unsere Gesundheit und die Umwelt besser erkennen und vermeiden. Wer richtig handelt, sollte nicht bestraft werden“, sagte Timmermans in der Erklärung. Dabei verwies er auf Skandale der letzten Zeit, darunter Dieselgate, Luxleaks, die Panama Papers sowie rund um das britische Datenanalyse-Unternehmen Cambridge Analytica. Hinweisgeber, so Timmermans, könnten bei der Aufdeckung rechtswidriger Handlungen, die dem öffentlichen Interesse und dem Wohl der Bürger und der Gesellschaft schadeten, eine wichtige Rolle spielen.

Besserer Schutz vor Repressalien

Laut der neuen Richtlinie sollen Whistleblower, die Verstöße gegen das EU-Recht melden, in der gesamten Europäischen Union besser geschützt werden. Über sichere Kanäle können sie künftig Meldungen in ihrer eigenen Organisation oder auch an Behörden machen. Besser geschützt werden sie vor Kündigungen, Zurückstufungen oder andere Repressalien, die sie aufgrund ihrer Hinweise erleiden könnten.  Bislang, so die Kommission, bezahlten sie für ihren Einsatz oftmals mit ihrem Arbeitsplatz, ihrem Ruf oder sogar ihrer Gesundheit. 36 % der Arbeitnehmer, die Verstöße gemeldet hätten, berichteten von Vergeltungsmaßnahmen (Global Business Ethics Survey 2016).

Die Regelungen im Detail

Das sieht die geplante Richtlinie vor (Quelle: Europäische Kommission):

„Alle Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten oder einem Jahresumsatz von mehr als 10 Mio. Euro müssen ein internes Verfahren für den Umgang mit Meldungen von Hinweisgebern einführen. Auch alle Landes- und Regionalverwaltungen und Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern werden von der neuen Richtlinie erfasst.

Die erforderlichen Schutzmechanismen sollen Folgendes umfassen:

  • klare Meldekanäle innerhalb und außerhalb der Organisation, um die Vertraulichkeit zu wahren;
  • ein dreigliedriges Meldesystem bestehend aus:
    • internen Meldekanälen;
    • Meldungen an die zuständigen Behörden – wenn interne Kanäle nicht funktionieren oder nach vernünftigem Ermessen nicht funktionieren können (z. B. wenn die Nutzung interner Kanäle die Wirksamkeit von Untersuchungsmaßnahmen der zuständigen Behörden gefährden könnte);
    • Meldungen in der Öffentlichkeit/den Medien – wenn nach der Meldung über andere Kanäle keine geeigneten Maßnahmen ergriffen werden oder wenn eine unmittelbare oder offenkundige Gefährdung des öffentlichen Interesses oder die Gefahr eines irreparablen Schadens besteht.
  • Rückmeldepflichten für Behörden und Unternehmen‚ die innerhalb von drei Monaten auf Meldungen von Missständen reagieren und sie weiterverfolgen müssen.
  • Vermeidung von Vergeltungsmaßnahmen und wirksamer Schutz: Jegliche Vergeltungsmaßnahmen sind untersagt und sollen geahndet werden. Wenn ein Hinweisgeber Vergeltungsmaßnahmen erleidet, soll er Zugang zu kostenloser Beratung und angemessenen Abhilfemaßnahmen erhalten (z. B. Maßnahmen gegen Belästigung am Arbeitsplatz oder zur Vermeidung einer Entlassung). Die Beweislast wird in solchen Fällen umgekehrt, sodass die von der Meldung betroffene Person oder Organisation nachweisen muss, dass sie keine Vergeltungsmaßnahmen gegen den Hinweisgeber ergreift. Hinweisgeber werden auch in Gerichtsverfahren geschützt, etwa indem sie von der Haftung für offengelegte Informationen befreit werden.

Regelungen in der EU uneinheitlich

Bislang werden Whistleblower in den Ländern der Europäischen Union sehr unterschiedlich geschützt: Nur zehn Mitglieder gewähren uneingeschränkten Schutz, die anderen (darunter auch Deutschland) nur teilweise in bestimmten Wirtschaftszweigen oder für gewisse Kategorien von Arbeitnehmern.

Věra Jourová, EU-Kommissarin für Justiz, Verbraucher und Gleichstellung, betonte in der Presseerklärung: „Mit den neuen Regeln für den Hinweisgeberschutz wird sich das Blatt wenden. In einer globalisierten Welt, in der das Streben nach Gewinnmaximierung mitunter zulasten der Gesetzestreue geht, müssen wir Menschen helfen, die das Risiko auf sich nehmen und schwere Verstöße gegen das EU-Recht aufdecken. Das sind wir den ehrlichen Menschen Europas schuldig.“

Whistleblower-Hotline

Whistleblower-Hotline – Raum für Denunzianten oder für Compliance?

In Amerika schon lange vollkommen normal, in Deutschland immer noch mit dem Ruf der Nestbeschmutzung behaftet – die Whistleblower-Hotline. Nicht selten stehen Mitarbeiter, die in ihrem Unternehmen auf einen Rechtsverstoß wie beispielsweise Korruption oder Kartellbildung aufmerksam werden, vor einer schwierigen Frage: wegschauen, um Kollegen und Unternehmen nicht zu belasten oder die Gesetzeswidrigkeit der Geschäftsführung oder sogar Behörden melden. In diesem Konflikt kann die Whistleblower-Hotline ein geeignetes Mittel sein, um nicht gesetzeskonformes Verhalten im Unternehmen zu unterbinden.

Was nutzt eine Whistleblower-Hotline?

Die Whistleblower-Hotline unterstützt die Unternehmensleitung dabei, überhaupt erst einmal vom nicht gesetzeskonformen Verhalten ihrer Mitarbeiter zu erfahren. Das ist umso wichtiger, als bei Bekanntwerden nicht nur der betreffende Mitarbeiter zur Verantwortung gezogen wird. Auch die Geschäftsführung haftet selbst dann, wenn sie von den Verstößen zuvor keine Kenntnis hatte.

Ziele der Hotline sind demnach, Verstöße gegen die Compliance aufzuklären und künftig zu verhindern sowie die Risiken der Geschäftsleitung zu minimieren, für dieses Verhalten zu haften.

Gibt es Regeln für die Einrichtung einer Whistleblower-Hotline?

In Deutschland gibt es keine Gesetze, die die Gestaltung der Hotline festlegen. Für ihre Einführung spricht aus rechtlicher Sicht aber das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (§ 130). Das besagt: „Wer als Inhaber eines Betriebes oder Unternehmens vorsätzlich oder fahrlässig die Aufsichtsmaßnahmen unterlässt, die erforderlich sind, um in dem Betrieb oder Unternehmen Zuwiderhandlungen gegen Pflichten zu verhindern, die den Inhaber treffen und deren Verletzung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist, handelt ordnungswidrig, wenn eine solche Zuwiderhandlung begangen wird, die durch gehörige Aufsicht verhindert oder wesentlich erschwert worden wäre.“ Die Ordnungswidrigkeit kann mit Geldbußen bis zu einer Million Euro geahndet werden.

Außerdem unterliegen Tochtergesellschaften US-amerikanischer Unternehmen dem  Sarbanas-Oxley-Act. Sie müssen eine Whistleblower-Hotline einrichten.

Auf jeden Fall sind bei der Einführung die entsprechenden Regelungen  aus dem Datenschutz und dem Arbeitsrecht zu beachten. Außerdem muss das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates berücksichtigt werden.

Bestandteil der internen Compliance-Richtlinien

Um ein Zeichen für gesetzeskonformes Verhalten im Unternehmen zu setzen, ist es wichtig, die Regelungen über eine Whistleblower-Hotline in die internen Compliance-Richtlinien aufzunehmen. Dort kann ein Unternehmen festlegen, was Mitarbeiter bei der Entdeckung von Regelverstößen tun können.

Ob sie ihre Hinweise anonym geben dürfen oder nicht, ist derweil umstritten. Um Denunzierungen zu vermeiden, ist eine namentliche Nennung des Tippgebers sinnvoll. Sie verringert aber möglicherweise die Bereitschaft, die Whistleblower-Hotline zu nutzen. Auf jeden Fall sollten Unternehmen dem Hinweisgeber größtmögliche Vertraulichkeit zusichern, wenn er seinen Namen nennt.

Arbeitsrechtlich ist das Whistleblowing nicht unkritisch. Aufgrund der Treue- und Loyalitätspflichten nach § 241 BGB ist der Arbeitnehmer verpflichtet, Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Arbeitgebers zu nehmen. Aufgrund fehlender Regelungen muss in Zweifelsfällen auf die allgemeinen Kündigungsgrundsätze zurückgegriffen werden. Das bedeutet, dass ggf. eine Abwägung stattfindet, ob eine Meldung noch als angemessen und verhältnismäßig gilt. Diese Frage stellt sich vor allem bei Fällen, in denen der Arbeitnehmer die Öffentlichkeit über mögliche Missstände beim Arbeitgeber informiert.

Praktische Umsetzung

Whistleblower-Hotlines können sowohl mit internen als auch mit externen Kontaktpersonen besetzt werden. Extern kommen beispielsweise Rechtsanwälte infrage: Sie unterliegen der Schweigepflicht und können die Meldungen unmittelbar auf ihre rechtliche Relevanz hin beurteilen.