EuGH erleichtert Bußgelder bei Verstößen gegen die DSGVO

Mit einem Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofes im vergangenen Monat erleichtern es die Richter den Behörden künftig, Bußgelder gegen Unternehmen zu verhängen, die gegen die Datenschutzgrundverordnung DSGVO verstoßen.

Aus dem Urteil von Anfang Dezember geht hervor, dass eine Geldbuße wegen Verstoßes gegen die DSGVO auch dann verhängt werden kann, wenn das strafbare Vorgehen nicht einer konkreten natürlichen Person im Unternehmen zugeordnet werden kann. Entscheidend für eine Strafe ist, dass die juristische Person schuldhaft gehandelt hat. Im Klartext: Unternehmen haften für Mitarbeiter, die gegen die DSGVO verstoßen und darüber hinaus auch für Auftragnehmer, die für sie tätig sind.

OWiG gegen DSGVO

Der Europäische Gerichtshof hatte in einem Vorabentscheidungsverfahren geurteilt. Hintergrund: Der Berliner Datenschutzbeauftragte hatte 2019 ein Bußgeld von rund 14,4 Millionen Euro gegen die „Deutsche Wohnen SE“ verhängt, weil das Immobilienunternehmen personenbezogene Daten von Mietern länger gespeichert hatte, als es notwendig war. Allerdings konnte der Datenschutzbeauftragte dieses Vorgehen keiner konkreten Person im Unternehmen zuordnen. „Deutsche Wohnen“ klagte, das Berliner Landgericht urteilte, dass für ein Bußgeldverfahren gemäß Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) bekannt sein müsse, wer genau vorsätzlich oder fahrlässig gegen die DSGVO verstoßen habe und stellte das Verfahren ein. Weil der Berliner Datenschützer daraufhin Beschwerde beim Kammergericht einlegte, ging die Frage ans EuGH.

Der Europäische Gerichtshof folgte dem Kammergericht insofern, als dass er die entsprechenden Paragraphen im OWiG für unvereinbar mit der DSGVO bewertete. Entsprechend muss der Datenschutzverstoß keiner natürlichen Person im Unternehmen zuzuordnen sein. Dennoch, und das stellt das Gericht klar, muss ein Verschulden nachgewiesen werden, um ein Bußgeld verhängen zu können. Dabei geht es von der Frage aus, ob sich das Unternehmen darüber im Klaren sein konnte, dass das Verhalten rechtswidrig ist. Ist das mit „ja“ zu beantworten und wird das Verhalten nicht geändert, liegt ein Verstoß gegen die DSGVO vor, der mit einem Bußgeld belegt werden kann. Im Fall der „Deutsche Wohnen“ hatte der Datenschutzbeauftragte die Speicherung der Mieterdaten kritisiert, von „Unklarheit“ ist demnach nicht auszugehen.

Compliance Management System regelt Zuständigkeiten

Wir empfehlen vor diesem Hintergrund, das unternehmerische Compliance Management System noch einmal genau unter der Fragestellung zu betrachten, ob die Zuständigkeiten für den Umgang mit personenbezogenen Daten genau geregelt sind. Entscheidend ist dabei ein detailliertes Verfahrensverzeichnis, da jedes Unternehmen zur Sicherstellung der Datenschutzkonformität haben und regelmäßig aktualisieren sollte.

Arbeitszeiterfassung richtig umgesetzt – was Arbeitgeber tun oder besser lassen sollten

Die Arbeitswelt hat sich seit Corona spürbar verändert. Homeoffice oder mobiles Arbeiten beispielsweise sind plötzlich an Stellen möglich, die vorher undenkbar schienen. Was aber unabhängig vom Arbeitsort bleibt, ist die Pflicht der Arbeitgeber zur minutiösen Arbeitszeiterfassung. Das hat das Bundesarbeitsgericht im vergangenen September klar geurteilt mit dem Ziel, dass die gesetzlichen Grenzwerte der Arbeitszeit – maximale Arbeitszeit und verbindliche Ruhezeiten – eingehalten werden. Was Arbeitgeber nun tun oder besser lassen sollten, haben wir noch einmal zusammengefasst.

Arbeitgeber müssen gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) ein System einführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann, und zwar sowohl, wann die Arbeit aufgenommen, wann sie unterbrochen und wann sie beendet wurde. „Um die Einhaltung der Höchstarbeitszeit sowie der täglichen und wöchentlichen Ruhezeiten wirksam gewährleisten zu können, muss der Arbeitgeber Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit jeder Arbeitnehmerin bzw. jedes Arbeitnehmers aufzeichnen“, informiert das Bundesarbeitsministerium. Festlegungen zum Inhalt der Arbeitszeitdokumentation seien noch nicht getroffen worden. Für die Aufzeichnung bestehe derzeit keine Formvorschrift; sie könne auch handschriftlich erfolgen. „Um Rechtssicherheit zur Frage des “Wie” der Aufzeichnungspflicht zu schaffen, hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im April 2023 einen Vorschlag zur Ausgestaltung der Arbeitszeiterfassung im Arbeitszeitgesetz und im Jugendarbeitsschutzgesetz erstellt, der derzeit noch regierungsintern beraten wird“, teilt das Ministerium mit.

Vertrauensarbeitszeit weiter möglich

Eine Dokumentation der Arbeitszeit steht der Vereinbarung nicht im Wege, das Arbeitnehmer ihrer vertraglichen Arbeitsverpflichtung im Sinne einer Vertrauensarbeitszeit eigenverantwortlich nachkommen. Wichtig ist aber auch hier, dass die Vorgaben des öffentlich-rechtlichen Arbeitszeitschutzes zur täglichen Höchstarbeitszeit und zu Ruhezeiten eingehalten werden. Dasselbe gilt im Übrigen für Homeoffice und mobiles Arbeiten.

Was sollten Arbeitgeber jetzt tun?

Um die Arbeitszeit unabhängig von der vereinbarten Arbeitsform zu erfassen, bieten sich nach wie vor Arbeitszeitkonten an. Dadurch wird sichtbar, ob Arbeitskräfte mehr oder weniger als die vereinbarte Vertragsarbeitszeit tätig sind, so dass das Plus oder Minus ausgeglichen werden kann. Die Arbeitszeitkonten haben zugleich eine Steuerungsfunktion für Führungskräfte, weil sie tatsächliche und vereinbarte Arbeitszeit für bestimmte Leistungen besser vergleichen und gegebenenfalls gegensteuern können. Wichtig: Werden Arbeitszeitkonten vereinbart, sollte das für alle Arbeitnehmer – im Betrieb, im Homeoffice, mobil – gleichermaßen gelten, um eine Ungleichbehandlung auszuschließen.

Gerade in der flexibler gewordenen Arbeitsgestaltung steuern immer mehr Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit selbst. Hier aber müssen Arbeitgeber einen Arbeitszeitrahmen vorgeben, der 13 Stunden nicht überschreiten darf, um Mindestruhezeiten und Maximalarbeitszeiten einhalten zu können. Nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Vorgesetzten darf es davon Abweichungen geben.

Der Arbeitgeber kann die Arbeitszeiterfassung durchaus in der Verantwortung der Arbeitnehmer lassen, was gerade an unterschiedlichen Arbeitsorten praktikabel, mit geringstem Aufwand und am genauesten möglich ist. Das entlässt den Arbeitgeber allerdings nicht aus der Verantwortung, Vollständigkeit und Richtigkeit der Aufzeichnungen zu kontrollieren. Wichtig: Falsche Angaben des Arbeitnehmers müssen Konsequenzen haben, beispielsweise ein zumindest zeitweiser Ausschluss vom mobilen Arbeiten oder aus der Vertrauensarbeitszeit.

Wichtig bei jedweder Form der Arbeitszeiterfassung: Arbeitszeiten sind personenbezogene Daten und unterliegen der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Arbeitgeber sollten also bei der Wahl der Erfassungsmethode ihren Datenschutzbeauftragten und den Betriebsrat involvieren. Die Daten müssen zudem vor einem unberechtigten Zugriff durch Dritte geschützt werden. Ob die Arbeitszeit auf Papier oder passwortgeschützt online erfasst wird, ist also auch davon abhängig, ob der Datenschutz eingehalten werden kann.

Sprechen Sie mit uns, wenn Sie die Arbeitszeiterfassung in Ihr Compliance Management System integrieren wollen.

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Abmahnung wegen Google Fonts – was tun?

Eine Abmahnwelle rollt übers Land, vor allem, seit das Landgericht München I im Januar dieses Jahres in einem Urteil (Az.: 3 O 17493/20) bestätigt hat, dass die Einbindung von Google Fonts auf Webseiten rechtswidrig ist. Abmahnkanzleien versenden aktuell massenhaft Schreiben mit Abmahnungen an Websitebetreiber. Wir klären über die Hintergründe auf.

Grundsätzliches zu Google Fonts

Neu ist es tatsächlich nicht, dass Google Fonts in Websites nicht eingebunden werden dürfen, auch wenn selbst mancher professionelle Webdesigner erst durch das Urteil auf das Thema überhaupt aufmerksam geworden ist. Spätestens seit Inkrafttreten der EU-Datenschutzgrundverordnung 2016 bzw. nach Ende der Übergangsfrist 2018 ist das Thema verbindlich.

Worum handelt es sich nun bei Google Fonts? Verkürzt gesagt: Google stellt eine Sammlung kostenloser Schriften bereit, die Webdesigner auf Internetseiten einbinden können. Damit steht die Schrift auf jedem Rechner jedes Besuchers automatisch zur Verfügung. Werden diese Schriften allerdings nicht lokal auf dem eigenen Server eingebunden, sondern eine Verbindung zu den Google-Servern hergestellt, übermittelt die Seite beim Besuch die IP-Adresse des Users an Google – also personenbezogene Daten. Das aber ist aus datenschutzrechtlichen Gründen verboten.

Da der Website-Betreiber für den Schutz der personenbezogenen Daten jedes Users auf seiner Internetseite verantwortlich ist, verstößt er gegen die DSGVO und läuft Gefahr, abgemahnt zu werden, wenn er die Schriften nicht datenschutzkonform auf seinem eigenen Server einbindet.

Was können Sie tun?

  • Im ersten Schritt sollten Sie oder Ihr Webdesigner prüfen, wie die Schriften auf Ihrer Website eingebunden sind. Werden sie nicht lokal verwendet, sollten Sie das umgehend ändern lassen. Denn: Das Landgericht München hat in seinem Urteil bestätigt, dass die automatische Übertragung der dynamischen IP-Adresse des Website-Besuchers das allgemeine Persönlichkeitsrecht im Sinne der informationellen Selbstbestimmung (§823 BGB) verletzt. Der Besucher hat keine Möglichkeit, die Weitergabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu kontrollieren oder zu beeinflussen. Auch eine fehlerhafte oder fehlende Einwilligung zur Nutzung der personenbezogenen Daten stellt eine Verletzung der allgemeinen Persönlichkeitsrechte der Website-Besucher dar. Dabei verweist das Gericht auf die DSGVO (Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO). Durch die Übermittlung der IP-Adresse des Users an Google ohne Einwilligung entsteht ein Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens.
  • Sollten Sie bereits ein Abmahnschreiben erhalten haben, sollten Sie es nicht einfach beiseiteschieben. Lassen Sie sich anwaltlich beraten und zahlen Sie einen geforderten Betrag erst, wenn die Rechtmäßigkeit der Abmahnung geklärt ist. Denn:
    • Es entsteht ein Schadensersatzanspruch, wenn Sie Google Fonts nicht datenschutzkonform verwenden. Aber der vermeintlich geschädigte User muss die Verletzung seiner Rechte auch nachweisen können. Zumindest fraglich ist das zum Beispiel dann, wenn die IP-Adresse des Besuchers verschlüsselt an Google übertragen wurde.
    • Aktuell verschicken gerade Anwaltskanzleien Abmahnungen massenweise, weil sie systematisch nach Webseiten gesucht haben, auf denen Google Fonts nicht datenschutzkonform eingebunden sind. Dieses Vorgehen könnte gegen das Gebot von Treu und Glauben verstoßen. Das Interesse der Gewinnerzielung im Zusammenhang mit der missbräuchlichen Verwendung personenbezogener Daten ist vermutlich kein schutzwürdiges Interesse.

Gericht entscheidet für verbindliche Arbeitszeiterfassung. Und nun?

[vc_row][vc_column][vc_column_text]Ist das das Ende der Vertrauensarbeitszeit? Haben künftig alle Arbeitsplätze analoge oder virtuelle Stechuhren? Das Bundesarbeitsgericht hat Mitte September entschieden, dass der Arbeitgeber nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG verpflichtet ist, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann. Was bedeutet das für Unternehmen konkret?

Schon vor drei Jahren hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) für alle Mitgliedsstaaten entschieden, dass Regelungen zur Dokumentation der Arbeitszeit zu schaffen sind. Deutsche Unternehmen sind also nicht die einzigen, die sich nun überlegen muss, wie sie das europäische und das deutsche Gerichtsurteil umsetzen.

Wichtig: Das Urteil bedeutet nicht die Abschaffung der Vertrauensarbeitszeit. Es bedeutet vielmehr, dass die Beschäftigten nach wie vor an ihren Ergebnissen gemessen werden können und ihre Arbeitszeit im Rahmen von Tarifverträgen und Gesetzen flexibel gestalten können. Sie müssen die Arbeitszeiten nun nur auch dokumentieren. Konkret bedeutet das zudem, dass auch sie die Gesetze zu Pausen, Ruhezeiten oder Sonn- und Feiertagsarbeit einhalten müssen. Das konnte in der Vergangenheit durch die flexible Arbeitszeitgestaltung leicht einmal in Vergessenheit geraten.

Das Urteil hat teilweise einen recht lauten Aufschrei und den Vorwurf des Rückfalls in frühere Jahrhunderte provoziert. Rechtfertigen lässt sich dieser Tumult allerdings nicht wirklich: Es ist auch bislang schon absolut üblich, im Rahmen von Projekten und Arbeitsgruppen die Zeiten zu erfassen, die einzelne Beschäftigte damit zugebracht haben – nicht zuletzt im Sinne der Transparenz und Kostenkontrolle sowohl für den Arbeitgeber als auch für Kunden. Bei Minijobbern ist die Arbeitszeiterfassung ohnehin schon lange verbindlich vorgeschrieben.

Wie genau Unternehmen die Zeiterfassungspflicht nun umsetzen müssen, wird auch von der Ausgestaltung des deutschen Gesetzes abhängen. Das Bundesarbeitsministerium ist hier in der Pflicht. Da es jedoch in vielen Unternehmen bereits Systeme zur Erfassung der Arbeitszeit gibt, wird sich der zusätzliche Aufwand wahrscheinlich eher in Grenzen halten. Sie muss nur den Vorgaben der Gerichtsurteile genügen und sowohl objektiv als auch transparent für die Beschäftigten sein. Dafür gibt es funktionierende Technik. Letztendlich wird die Hauptaufgabe für Unternehmen darin bestehen, ihre Beschäftigten, die ihre Arbeitszeit auf Vertrauensbasis erbringen, darin zu bestärken, diese künftig detailliert zu erfassen. Wie groß der Aufwand dafür sein wird, hängt am Ende individuell von jedem einzelnen Beschäftigen ab.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]

Eingescannte Unterschrift ersetzt nicht die Schriftform

Für eine wirksame Befristung eines Arbeitsvertrages reicht eine eingescannte Unterschrift nicht aus. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitsvertrag nur für einige wenige Tage geschlossen worden ist. Das hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg bestätigt und in einer Veröffentlichung bekanntgegeben.

Die Klägerin war für ein Unternehmen des Personalverleihs tätig. Bei Aufträgen von entleihenden Betrieben und Einverständnis der Klägerin mit einer angeforderten Tätigkeit schlossen der Personalverleiher und die Klägerin über mehrere Jahre mehr als 20 kurzzeitig befristete Arbeitsverträge. Diese bezogen sich jeweils auf die anstehende ein- oder mehrtätige Tätigkeit, zuletzt auf eine mehrtätige Tätigkeit als Messehostess. Hierzu erhielt die Klägerin jeweils einen auf diese Tage befristeten Arbeitsvertrag mit einer eingescannten Unterschrift des Geschäftsführers des Personalverleihers. Die Klägerin unterschrieb diesen Vertrag und schickte ihn per Post an den Personalverleiher als Arbeitgeber zurück.

Mit ihrer Klage machte die Klägerin die Unwirksamkeit der zuletzt vereinbarten Befristung geltend, weil die Schriftform nicht eingehalten worden war. Der Personalverleiher argumentierte hingegen, es sei für die Einhaltung der Schriftform nicht erforderlich, dass der Arbeitnehmerin vor Arbeitsaufnahme eine im Original unterschriebene Annahmeerklärung des Arbeitgebers zugehe. Zudem wende sich die Klägerin nun gegen eine Praxis, die sie lange Zeit unbeanstandet mitgetragen habe.

Das Landesarbeitsgericht hat der Klage wie bereits das Arbeitsgericht stattgegeben. Die vereinbarte Befristung sei mangels Einhaltung der gemäß § 14 Absatz 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz zwingend vorgeschriebenen Schriftform unwirksam. Schriftform im Sinne des § 126 Bürgerliches Gesetzbuch erfordere eine eigenhändige Unterschrift oder eine qualifizierte elektronische Signatur. Der vorliegende Scan einer Unterschrift genüge diesen Anforderungen nicht. Bei einer mechanischen Vervielfältigung der Unterschrift, auch durch datenmäßige Vervielfältigung durch Computereinblendung in Form eines Scans liege keine Eigenhändigkeit vor. Den Anforderungen an eine qualifizierte elektronische Signatur genüge ein Scan ebenfalls nicht.

Eine etwaige spätere eigenhändige Unterzeichnung des befristeten Vertrages auch durch den Personalverleiher führe nicht zur Wirksamkeit der Befristung. Vielmehr müsse die eigenhändig unterzeichnete Befristungsabrede bei der Klägerin vor Vertragsbeginn vorliegen. Dass die Klägerin diese Praxis in der Vergangenheit hingenommen habe, stehe der jetzt innerhalb der dreiwöchigen Frist nach vorgesehenem Befristungsablauf gemäß § 17 Teilzeit- und Befristungsgesetz erhobenen Klage nicht entgegen. Die Klägerin verhalte sich mit ihrer Klage nicht treuwidrig, vielmehr sei ein etwaiges arbeitgeberseitiges Vertrauen in eine solche nicht rechtskonforme Praxis nicht schützenswert. Aufgrund der Unwirksamkeit der Befristungsabrede bestehe das Arbeitsverhältnis bis zur Beendigung durch die zwischenzeitlich ausgesprochene Kündigung fort.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen. Landesarbeitsarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Urteil vom 16.03.2022, Aktenzeichen 23 Sa 1133/21

Arbeitszeugnis: Abschiedsfloskeln nicht zwingend

Ein Arbeitgeber muss einem scheidenden Arbeitnehmer im Arbeitszeugnis nicht alles Gute für die Zukunft wünschen und sich für die geleistete Arbeit im Unternehmen bedanken. Das hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts entschieden (9 AZR 146/21).

Ein Arbeitnehmer und sein früherer Arbeitgeber hatten sich durch mehrere Instanzen geklagt, weil sie über die Berichtigung eines Arbeitszeugnisses stritten. Im Urteil des Bundesarbeitsgerichts heißt es zum Hintergrund: „Der Kläger war vom 1. März 2017 bis zum 31. März 2020 als Personaldisponent bei der Beklagten, einer Personaldienstleisterin, tätig. In einem zur Erledigung eines Kündigungsschutzverfahrens geschlossenen gerichtlichen Vergleichs verpflichtete sich die Beklagte u. a., dem Kläger ein qualifiziertes wohlwollendes Arbeitszeugnis zu erteilen.“ Der Kläger habe die Ansicht vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, das Zeugnis mit einer Schlussformel zu versehen, in der sie ihm für die geleistete Arbeit danke und ihm für die Zukunft alles Gute und viel Erfolg wünsche.

In seinem Urteil haben die Richter die Meinungs- und Unternehmerfreiheit des Arbeitgebers auf der einen Seite und die Berufsausübungsfreiheit und allgemeinen Persönlichkeitsrechte auf der anderen Seite des Arbeitgebers „aufgrund der durch eine Schlussformel erhöhten Bewerbungschancen“ gegeneinander abgewogen.

Das Gericht kommt dabei zu dem Ergebnis: „Das Interesse des Arbeitgebers, seine innere Einstellung zu dem Arbeitnehmer sowie seine Gedanken- und Gefühlswelt nicht offenbaren zu müssen, ist dabei höher zu bewerten als das Interesse des Arbeitnehmers an einer Schlussformel.“ Der Arbeitnehmer sei durch die Erteilung eines Arbeitszeugnisses ohne Schlussformel nur in geringem Maße in seinen grundrechtlich geschützten Positionen betroffen. Der Grad seiner Betroffenheit sei in erster Linie unter Berücksichtigung des Zeugniszwecks zu bewerten. Je stärker die Realisierung des Zeugniszwecks durch das Fehlen der Schlussformel gefährdet sei, desto näher liege eine wesentliche Beeinträchtigung grundrechtlicher Positionen des Arbeitnehmers. „Spiegelbildlich betrachtet ist der Arbeitgeber nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen gehalten, das Zeugnis mit einem den Zeugniszweck überschießenden Inhalt zu versehen“, heißt es im Urteil und weiter: „Positive Schlusssätze können zwar geeignet sein, die Bewerbungschancen des Arbeitnehmers zu erhöhen. Ein Zeugnis wird durch einen Schlusssatz aufgewertet, in dem der Arbeitgeber seinen Dank für die guten Leistungen zum Ausdruck bringt und dem Arbeitnehmer für die berufliche Zukunft weiterhin alles Gute wünscht. […]  Der materielle Aussagegehalt von auf die Gesamtnote abgestimmten Schlusssätzen beschränkt sich allerdings im Wesentlichen darauf, dass der Arbeitgeber die bereits abgegebene Leistungs- und Verhaltensbeurteilung mit anderen Worten nochmals formelhaft wiederholt.  Damit trägt eine Schlussformel nicht zur Realisierung des Zeugniszwecks bei. Aus ihr ergeben sich für den Zeugnisleser bei objektiver Betrachtung keine über die eigentliche Leistungs- und Verhaltensbeurteilung hinausgehenden Informationen zur Beurteilung, inwieweit der Arbeitnehmer für eine zu besetzende Stelle geeignet ist.“

Unternehmen haften bei Verstößen gegen Corona-Arbeitsschutz

Das Landesarbeitsgericht München hat im Februar dieses Jahres eine Firma zu Schadensersatz gegenüber einer Mitarbeiterin verurteilt, weil der Geschäftsführer des Unternehmens sich nicht an die geltende Corona-Schutzverordnung gehalten und es nicht der arbeitsrechtlichen Fürsorgepflichten genügt hat. Daraus ergibt sich auch für die Zukunft, dass Arbeitgeber ihre Pflichten, die sich aus dem unternehmerischen Arbeitsschutz ergeben, nicht vernachlässigen dürfen.

Zu dem genauen Fall informiert das LAG München:

Die Klägerin war bei der Beklagten als Immobilienwirtin beschäftigt. Der Geschäftsführer des Unternehmens kam aus dem Urlaub mit Erkältungssymptomen zurück. Kurz darauf fuhr er mit der Klägerin in einem Pkw zu Eigentümerversammlungen, wobei die Fahrten zweimal eine halbe bzw. zweimal mehr als eine Viertelstunde dauerten. Von einem Teilnehmer der ersten Eigentümerversammlung rückte er etwas ab und erklärte dazu, er habe aufgrund der Klimaanlage eine Erkältung und sich deswegen weiter weggesetzt.

Wenige Tage später wurde der Geschäftsführer Corona-positiv getestet, das Gesundheitsamt ordnete für die Klägerin als Kontaktperson 1 eine Quarantäne an. Die für vor Ende der Quarantäne geplante kirchliche Trauung mit anschließender Hochzeitsfeier der Klägerin, zu der 99 Gästen eingeladen worden waren, konnte deshalb nicht stattfinden. Mit ihrer Klage verlangte die Klägerin unter anderem den Ersatz der Kosten durch die ausgefallene Hochzeitsfeier und -reise.

Durch das Verhalten ihres Geschäftsführers habe das Unternehmen laut Gericht grob gegen die öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzpflichten der SARS-CoV2- Arbeitsschutzstandards und die allgemeinen Fürsorgepflichten verstoßen. Zum damaligen Zeitpunkt galten Mindestabstände und ein Fernbleiben vom Arbeitsplatz bei entsprechenden Krankheitssymptomen. Weil der Geschäftsführer offensichtlich dagegen verstieß, habe das Unternehmen den entstandenen Schaden der Klägerin zu ersetzen.

Was bedeutet das Urteil aktuell für den Schutz vor Corona in Unternehmen?

Derzeit kehren immer mehr Menschen von ihren heimischen Arbeitsplätzen in die Büros zurück. Maskenpflicht und Abstandsregeln sind reduziert oder sogar ganz aufgehoben. Das entbindet Unternehmen trotzdem nicht davon, im Zuge ihres umfassenden Compliance Managements eine Gefährdungsbeurteilung auf Basis der aktuellen Corona-Arbeitsschutzverordnung zu veranlassen und ein Hygienekonzept für alle Arbeits- und Aufenthaltsbereiche im Unternehmen zu erarbeiten und zu realisieren. Ansonsten können Unternehmen gemäß des beschriebenen Urteils selbst für Vermögensschäden von Mitarbeitenden haftbar gemacht werden.

Hinweise zur Gestaltung eines entsprechenden Konzeptes finden Unternehmen in der Corona-Arbeitsschutzregel. Dort heißt es u.a.: „Diese SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel konkretisiert für den gemäß § 5 Infektionsschutzgesetz festgestellten Zeitraum der epidemischen Lage von nationaler Tragweite sowie für einen befristeten Zeitraum nach Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite (nachfolgend Epidemie) die Anforderungen an den Arbeitsschutz in Hinblick auf SARS-CoV-2 unter Berücksichtigung des Impf-, Sero- und Teststatus der Beschäftigten. Diese Regel gilt bis zum Außerkrafttreten der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung.“

Gesichtsmaske muss in Auto-Verbandskasten

Die DIN13164:2022 ist Anfang Februar 2022 in Kraft getreten und bringt eine wichtige Änderung für Autofahrer mit sich: Im Verbandskasten eines Fahrzeugs müssen nun auch zwei Gesichtsmasken enthalten sein. Es entfällt im Gegenzug das Verbandtuch mit den Maßen 40×60, und auch die Zahl der Dreiecktücher wird auf eines verringert. Die Regel gilt für Erste-Hilfe-Sets in Autos, LKW und Bussen und auch für die Zukunft unabhängig von der Corona-Pandemie.

Die Hersteller der Verbandskästen passen die Inhalte bereits an. Für Autofahrer gilt: Sie sollten ihre Kästen möglichst bald „entrümpeln“ und ergänzen. Bei Kontrollen passiert zwar zunächst nichts. Es gilt eine Übergangsfrist bis zum 31. Januar 2023. Danach aber werden fünf Euro Bußgeld fällig, wenn die Gesichtsmasken nicht im Verbandskasten sind und die Polizei kontrolliert. Dann nämlich wird es zum Verstoß gegen die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung. Noch teurer wird es – zehn Euro – wenn Sie Ihr Auto von einer anderen Person steuern lassen, ohne dass der Verbandskasten den aktuellen Regeln entspricht.

GmbH-Geschäftsführer haften auch persönlich bei DSGVO-Verstößen

[vc_row][vc_column][vc_column_text]Ein interessantes Urteil zur Verantwortlichkeit für den Datenschutz in Unternehmen hat vor einiger Zeit das Oberlandesgericht Dresden gesprochen (Urteil vom 30.11.2021 – 4 U 1158/21).

Daraus ergibt sich für GmbH-Geschäftsführer: Sie sind neben der Gesellschaft „Verantwortliche“ im Sinne der Datenschutz-Grundverordnung und haften damit auch persönlich für Verstöße gegen den Datenschutz.

Geschäftsführer sind demnach eigene datenschutzrechtlich Verantwortliche. Gemäß Art. 4 Nr. 7 DSGVO ist „Verantwortlicher“ die „natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet.“ Dazu gehört dem Urteil zu Folge der GmbH-Geschäftsführer.

Setzt sich die Auffassung des OLG Dresden auch bei anderen Urteilen durch, steigt das Risiko der persönlichen Haftung für GmbH-Geschäftsführer bei der Sammlung personenbezogener Daten deutlich – speziell dann, wenn sie die jeweilige Datenverarbeitung explizit beauftragt oder darüber entschieden haben. Die Richter teilen nicht das Verständnis, dass Geschäftsführer nur innerhalb der Gesellschaft in ihrer Funktion für Datenschutzverstöße zur Verantwortung gezogen werden können.

Im vorliegenden Fall des OLG Dresden ging es um die Beauftragung eines Privatdetektivs durch den GmbH-Geschäftsführer, um Informationen über strafrechtliche Verurteilungen des Klägers zu erlangen. Die Richter urteilten, dass diese Form der Datenverarbeitung nicht erforderlich war, um die berechtigten Interessen der Gesellschaft zu wahren. Hier kam außerdem dazu, dass ein Privatdetektiv gar nicht befugt ist, personenbezogene Daten über strafrechtliche Vorgänge zu sammeln. Demzufolge muss der Beklagte Schadensersatz leisten.

Das Urteil ist ein weiterer Anlass, das Thema Datenschutz in Unternehmen besonders genau zu betrachten. Genau betrachtet werden sollte vor diesem Hintergrund speziell das Arbeitsrecht. Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist in diesem Kontext besonders sensibel und erfordert gewissenhafte Begleitung zum Beispiel im Fall einer Kündigung (Thema: Aufbewahrung von Daten) und Neueinstellung (Thema: Anforderung von Führungszeugnissen).

Sollten Sie Fragen dazu haben, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]