Compliance Management System gibt vor Gericht den Ausschlag
Das Oberlandesgericht Hamm hat im Sommer ein weitreichendes Urteil über die Relevanz eines Compliance Management Systems in Unternehmen getroffen. Es urteilte, dass einem Geschäftsführer wegen gravierender Compliance-Verstöße aus wichtigem Grund ohne vorherige Abmahnung gekündigt werden kann (OLG Hamm, 8 U 146/18).
In dem Fall hatte der Geschäftsführer einer konzernzugehörigen GmbH mit einem Geschäftspartner eine Provisionsvereinbarung getroffen, die den im Konzern geltenden Compliance-Vorschriften widersprach. Demnach musste bei Provisionen ab einer bestimmten Größenordnung das Vier-Augen-Prinzip eingehalten werden. Auch durften derartige Vereinbarungen nicht ohne Zustimmung des Bereichsvorstandes getroffen werden. Im Urteil des OLG Hamm heißt es daher: „Gibt ein GmbH-Geschäftsführer eine Zahlung auf eine – wie er weiß – fingierte Forderung frei, um damit eine Provisionsabrede zu honorieren, die gegen die unternehmensinternen Compliance-Vorschriften über zustimmungsbedürftige Geschäfte verstieß, kann darin eine Pflichtverletzung liegen, die einen wichtigen Grund zur Kündigung des Anstellungsvertrages darstellt.“ (Quelle: justiz.nrw.de)
Das Oberlandesgericht Hamm stellte in seinem Urteil fest, dass der Verstoß gegen die Compliance-Regelung schon für sich eine schwerwiegende Pflichtverletzung darstelle. Die Klage des ehemaligen Geschäftsführers gegen die Abberufung als Geschäftsführer und die fristlose Kündigung des Dienstverhältnisses sowie auf Fortzahlung des Geschäftsführergehaltes wies es daher ab. Das OLG betont: „Wer die Compliance-Regeln seines eigenen Unternehmens und die Sanktionen, mit denen sie bewehrt sind, nicht kennt, ist von vornherein ungeeignet, dieses zu führen.“
Bedeutung des Urteils für die Praxis
Das Urteil des OLG Hamm stellt einmal mehr klar, dass ein Compliance Management System in Unternehmen nicht nur „nice to have“ ist und ethisches wie moralisches Verhalten der Mitarbeiter und Führungskräfte regelt. Es ist darauf ausgerichtet, alle Abläufe in einer Organisation regel- und gesetzeskonform umzusetzen. Relevant sind dabei alle nationalen und internationalen Richtlinien und Gesetze, die eine Firma – definiert durch ihr Tätigkeitsfeld – berücksichtigen muss. Die Größe der Organisation ist dabei irrelevant: Vom Konzern bis zum mittelständischen oder kleinen Unternehmen sind alle an rechtskonformes Handeln und Verhalten gebunden.
Ganz klar wird durch das Urteil, dass mit einem funktionierenden Compliance Management System dem Unternehmen ein Werkzeug an die Hand gegeben ist, gegen Mitarbeiter und Führungskräfte – bis zur fristlosen Kündigung – vorzugehen, die sich nicht Compliance-konform verhalten.
Etablierung eines Compliance Management Systems
Vor diesem Hintergrund sei darauf hingewiesen, dass ein unternehmensinternes Compliance Management System der langfristigen, strategischen Vorbereitung, Einführung, Umsetzung und Kontrolle bedarf. Mit Hilfe eines Gesetzeskataster sollten Unternehmen die Grundlage schaffen zu ermitteln, welche gesetzlichen Regelungen für das eigene Tätigkeitsgebiet relevant sind. Darauf aufbauend, muss ein Compliance Management System über alle Geschäftsbereiche und –hierarchien in das Unternehmen eingeführt und dessen Umsetzung in regelmäßigen Abständen überprüft werden.
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