Anforderungen an einen Compliance Manager: rechtskonform, prozessorientiert und sozial kompatibel
Viele Compliance Manager sehen sich heute sehr schnell mit den Herausforderungen konfrontiert, vorhandene Compliance Strukturen zu optimieren oder erst einmal aufzubauen. Deshalb gehen die fachlichen Anforderungen schnell über juristische Fragestellungen hinaus.
Was bedeutet das für die Eigenschaften eines Compliance Managers, welches Know-how braucht ein Compliance Manager bzw. die Mitarbeiter in Ihrem Unternehmen, die für die Einhaltung der Compliance verantwortlich sind? Wie führt man effiziente Compliance-Risiko-Analysen entlang der Wertschöpfungskette durch? Wie werden die größten Risiken identifiziert? Wie können die dazugehörigen Unternehmensprozesse und –richtlinien schnell korrigiert oder etabliert werden, um prüfbare und sichere Abläufe zu implementieren? Welche Maßnahmen und Tools können helfen, in allen Unternehmensbereichen auf allen Ebenen Transparenz und Klarheit über die einzuhaltenenden Regeln zu gewährleisten? Wie kann effizient und regelmäßig auditiert werden, ob sich alle Mitarbeiter auf allen Hierarchieebenen an geltende Gesetze, Regeln und Vorschriften halten? Die Aufgabe ist komplex und ihre (Nicht-)Erfüllung hat weitreichende Folgen – von Geldstrafen über Imageverlust bei Geschäftspartnern und Kunden bis hin zu Haftstrafen. Wen also damit betrauen?
Fachliches Know-how? Selbstverständlich!
Bei einem Anbieter eines Ausbildungslehrgangs zum Compliance Officer heißt es: Sie „erhalten umfassendes Compliance-Fachwissen, das Sie als Compliance Officer unbedingt benötigen.“ Compliance-Fachleute vermitteln den Teilnehmern, wie sie „die Einhaltung nationaler und internationaler Vorschriften sicherstellen, eine wirksame Compliance-Organisation aufbauen, Risiken richtig analysieren, Kontroll- und Überwachungsmechanismen installieren“. Damit sollte das fachliche Know-how sichergestellt sein, denn der Lehrgang geht auf die wesentlichen Aufgaben eines Compliance-Officers ein. Aber ist das so?
Anforderungen an einen Compliance Manager
Wie anhand der eingangs gestellten Fragen klar wird, sind die Anforderungen sicherlich viel komplexer und vielseitiger, als dies in den allgemeinen Ausbildungsgängen, häufig nur wenige Tage dauernden Lehrgängen vermittelt werden kann. Und die „eierlegende Wollmilchsau“ ist bekanntlich selten. Deshalb liegt die Betonung beim Compliance Manager auch auf MANAGEMENT. Der Compliance Manager sollte in der Lage sein, für den jeweiligen Unternehmenszweck und -inhalt passend zur gegenwärtigen Kultur die Schwerpunkte schnell zu identifizieren und die notwendigen fachlichen Ressourcen aufzubauen. Auch ist es häufig sinnvoll, dauerhaft oder zeitweise wichtige Aktivitäten im Outsourcingverfahren von externen Profis darstellen zu lassen, deren Kerngeschäft es ist, beispielsweise permanent wertstrombasierte Risikoanalysen, Organisationsdesign, Compliance-Schulungen/-Unterweisungen oder Erstellung und Pflege von Rechtskataster auszuführen.
Es kristallisiert sich also heraus, dass der Compliance Manager sich zunächst strategisch klar werden muss, wie das Design der Compliance-Struktur passend zum Unternehmen aussehen sollte. Dies kann auf Basis einer SWOT-Analyse oder einem Compliance Model Canvas erarbeitet werden. Hieraus ergibt sich dann Klarheit über Organisationslücken und die notwendige Maßnahmen, diese zu schließen. Begleitet wird dies dann permanent von den Fragen hinsichtlich der verfügbaren Möglichkeiten („Make-or-Buy“) und der effizientesten Vorgehensweise gemäß der alten Ingenieursregel: so grob wie möglich, so fein wie nötig.
So kommt man schnell an den Punkt, dass der Compliance Manager also ein guter Manager mit der Fähigkeit zur Einnahme der „Helikopterperspektive“, Führungsstärke sowie Delegation und Überwachung von Aktivitäten ausgestattet sein sollte. Dies führt dann auch zu der Erkenntnis, dass hohe soziale Anforderungen an einen Compliance Manager gestellt werden.
Soziale Anforderungen an einen Compliance Manager
Nicht beschrieben wird in Lehrgängen meist, dass es neben der Fachebene auch eine soziale Komponente bei den Anforderungen an einen Compliance-Officer gibt. Ist derjenige, der Mitarbeiter auf allen Hierarchieebenen anhält und durchsetzen muss, dass sie sich rechtskonform verhalten, dazu auch menschlich in der Lage? „Compliance Officer ist eine Mischung aus Sadomasochist und Religionslehrer“, schreibt Irina Jäkel, Editor in Chief beim Compliance Manager Magazin, in ihrem Artikel „Lasst mich durch, ich bin Compliance Officer!“ Sadomasochist, weil sie kaum Anerkennung oder Lob erhielten, manchmal wenig Rückendeckung von der Geschäftsleitung bekämen, als „Verhinderer“ gelten würden und im Allgemeinen nicht besonders beliebt seien. Religionslehrer, weil sie ähnlich einem Pädagogen den Mitarbeitern immer und immer wieder Gebote und Verbote vermitteln müssten.
Was sind daher die wichtigsten Anforderungen an einen Compliance Manager
- Unabhängig muss er sein, im Alltag ein starkes Rückgrat und Selbstbewusstsein besitzen, um sich auch von der Unternehmensleitung nicht vereinnahmen oder beeinflussen zu lassen.
- Kooperativ sollte er sein, da er mit den Mitarbeitern in den unterschiedlichsten Unternehmensbereichen zusammenarbeiten muss, um die Einhaltung der Vorschriften und Regeln zu erreichen.
- Empathisch zu sein erleichtert dem Compliance Manager seine tägliche Arbeit, weil er die Mitarbeiter für sich und sein Anliegen einnimmt und zugleich ihre berechtigten Interessen im Tagesgeschäft berücksichtigt.
- Kommunikativ sollte er sein, um für seine Sache zu werben und die Mitarbeiter von der Sinnhaftigkeit jederzeit rechtskonformen Verhaltens zu überzeugen.
- Integer und vertrauenswürdig sind selbstverständliche Eigenschaften eines Compliance Manager, um in der Tätigkeit glaubwürdig zu sein.
Gepaart mit dem umfassenden fachlichen Know-how sind das die Anforderungen an einen Compliance Manager, die er bzw. sie auf der menschlichen Ebene unbedingt erfüllen sollte. Für Arbeitgeber bedeutet das, dass die Papierform bei der Personalauswahl gerade für diese Stelle meist nicht reicht.