EU-Richtlinie 2024/1203: mehr Umweltschutz, mehr Compliance-Risiken

Die EU-Richtlinie 2024/1203 markiert einen großen Schritt in Richtung eines stärkeren Umweltschutzes in der Europäischen Union. Die Richtlinie, die am 20. Mai 2024 in Kraft getreten ist, ersetzt und erweitert die bisherigen Regelungen zum strafrechtlichen Schutz der Umwelt. Ziel ist es, Umweltkriminalität effektiver zu bekämpfen. Für Unternehmen bedeutet es aber auch: Sie sollten dringend eine umfassende Compliance Risikoanalyse machen. Denn: Neue Straftatbestände und ein neuer Sanktionskatalog sind ebenfalls in der EU-Richtlinie 2024/1203 enthalten. Möglich ist außerdem, dass die Regeln noch einmal verschärft werden, wenn die Vorschrift bis Mai 2026 in deutsches Strafrecht übernommen wird.

Warum eine neue Richtlinie?

Die alte Richtlinie aus dem Jahr 2008 erwies sich als unzureichend, um die komplexen Herausforderungen der modernen Umweltkriminalität zu bewältigen. Die neue Vorgabe soll diese Lücken schließen und einen höheren Schutzstandard gewährleisten.

Was sind die wichtigsten Neuerungen der EU-Richtlinie 2024/1203?

  • Erweiterter Anwendungsbereich: Die Richtlinie deckt ein breiteres Spektrum von Umweltdelikten ab, darunter beispielsweise:
    • illegale Holzernte: Die Richtlinie zielt darauf ab, den illegalen Handel mit Holz zu bekämpfen, der oft mit Entwaldung und anderen Umweltschäden verbunden ist.
    • illegales Recycling umweltschädlicher Schiffsteile: Die Entsorgung von Schiffsausschuss stellt ein erhebliches Umweltproblem dar. Die Richtlinie soll dieses Problem durch strafrechtliche Maßnahmen bekämpfen.
    • schwerwiegende Verstöße gegen die Rechtsvorschriften über Chemikalien: Die illegale Herstellung und der Handel mit gefährlichen Chemikalien werden stärker unter Strafe gestellt.
    • Inverkehrbringen umweltschädlicher Erzeugnisse
    • Durchführung bestimmter (Bau-)Vorhaben ohne Genehmigung
    • Schädigung von Lebensräumen besonders geschützter Tierarten
  • Höhere Strafen: Die Strafen für Umweltverstöße wurden verschärft, um abschreckend zu wirken und die Einhaltung der Umweltgesetze zu fördern. Sie können bei bestimmten Straftaten bis zu 5 Prozent des weltweiten Gesamtumsatzes eines Unternehmens betragen.
  • Verbesserte Zusammenarbeit: Die Mitgliedstaaten sollen enger zusammenarbeiten, um grenzüberschreitende Umweltkriminalität zu bekämpfen.
  • Stärkere Prävention: Die Richtlinie legt einen stärkeren Fokus auf Präventionsmaßnahmen, um Umweltverstöße von vornherein zu verhindern.
  • Bessere Durchsetzung: Es werden Instrumente zur Verbesserung der Ermittlung und Verfolgung von Umweltkriminalität eingeführt.

Welche Auswirkungen hat die Richtlinie?

Die Richtlinie hat weitreichende Auswirkungen auf Unternehmen, Behörden und Einzelpersonen.

  • Unternehmen: Unternehmen müssen ihre Compliance-Systeme anpassen, um die neuen Anforderungen zu erfüllen.
  • Behörden: Behörden sind verpflichtet, ihre Ermittlungs- und Strafverfolgungsmethoden an die neuen Standards anzupassen.
  • Einzelpersonen: Auch Einzelpersonen können von den neuen Regelungen betroffen sein, beispielsweise bei illegaler Abfallentsorgung oder illegalem Handel mit geschützten Arten.

Was bedeutet das für die Zukunft?

Die EU-Richtlinie 2024/1203 ist ein wichtiger Schritt in Richtung Nachhaltigkeit. Sie zeigt, dass der Schutz der Umwelt für die EU eine hohe Priorität hat. Es bleibt abzuwarten, wie die Richtlinie in den einzelnen Mitgliedstaaten umgesetzt wird und welche Auswirkungen sie auf die Praxis hat. Die vollständige Richtlinie lesen Sie in diesem Dokument.

Wir empfehlen Ihnen, spätestens jetzt mit der Compliance Risikoanalyse in Ihrem Unternehmen zu beginnen und entsprechende Maßnahmen zu treffen, wenn das Unternehmen gegen die Richtlinie verstößt. Unsere Compliance-Fachleute unterstützen Sie dabei!

Bekifft? Was Arbeitgeber bei Cannabiskonsum am Arbeitsplatz tun müssen

Die gesellschaftliche Diskussion um die Cannabis-Legalisierung hält weiter an. Damit rückt auch die Frage nach den Auswirkungen auf den Arbeitsplatz stärker in den Fokus. Arbeitgeber stehen vor der Herausforderung, rechtliche Aspekte, Arbeitsschutz und Suchtprävention unter einen Hut zu bringen.

Aktuelle Situation durch Cannabis-Legalisierung

  • Keine einheitliche Rechtslage: Die rechtliche Situation für Cannabiskonsum am Arbeitsplatz ist komplex und variiert je nach Land und Bundesland.
  • Arbeitsvertrag: Der Arbeitsvertrag kann Regelungen zum Drogenkonsum enthalten.
  • Arbeitsschutzgesetz: Arbeitgeber haben eine allgemeine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Mitarbeitern und müssen ein sicheres Arbeitsumfeld gewährleisten.

Auswirkungen auf den Arbeitsplatz

Cannabiskonsum am Arbeitsplatz kann für den Konsumenten wie auch in der Freizeit durchaus positive Wirkung entfalten: Euphorie, Glücksgefühle und Entspannung gehören dazu. Doch die negativen Nebeneffekte wirken sich nicht nur auf den Konsumenten selbst aus: Die Unfall- und Verletzungsgefahr am Arbeitsplatz steigt, weil die Reaktionsfähigkeit sinkt, die motorischen Fähigkeiten beeinträchtigt sind, die Risikofreudigkeit aber steigt. Außerdem geht Cannabiskonsum am Arbeitsplatz meist mit verschlechterter Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit einher.

Ist der Cannabiskonsum am Arbeitsplatz allgemein schon mit Risiken verbunden, steigen die Gefahren bei Arbeiten in Gefahrenbereichen enorm. Arbeitgeber sind jetzt gefordert, ihre Beschäftigen zu schützen.

Was Arbeitgeber bei Cannabiskonsum am Arbeitsplatz tun können

  • Prävention:
    • Angebote zur Suchtprävention
    • Schaffung eines offenen Arbeitsklimas, in dem Mitarbeiter über Probleme sprechen können
    • Gestaltung gesundheitsfördernder Arbeitsbedingungen und Rahmenbedingungen, die den Cannabiskonsum vorbeugen
  • Rechtliche Rahmenbedingungen:
    • Verbindliche Regeln zum Cannabiskonsum am Arbeitsplatz und zum Umgang mit auffälligen Beschäftigten schaffen und ins Compliance Management System aufnehmen
    • Gestaltung von Arbeitsverträgen mit klaren Vorschriften zum Drogenkonsum am Arbeitsplatz
    • Bei berechtigtem Verdacht können Arbeitgeber Drogentests durchführen. Die Durchführung muss rechtlich einwandfrei erfolgen und darf nicht diskriminierend sein.
    • Bei wiederholten Verstößen gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten oder bei Gefährdung anderer kann eine Kündigung in Betracht gezogen werden. Eine Kündigung muss jedoch immer rechtlich geprüft werden.

Generell erfordert der Umgang mit Cannabiskonsum am Arbeitsplatz von Arbeitgebern ein sensibles Vorgehen. Es gilt, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu beachten, die Mitarbeiter zu schützen und gleichzeitig ein faires Arbeitsklima zu gewährleisten. Eine offene Kommunikation und ein individueller Umgang mit jedem Fall sind dabei entscheidend.

Wie Sie den Umgang mit Drogen generell in Ihr Compliance Management System integrieren, dazu beraten wir Sie gern. Sprechen wir miteinander!

Arbeiten mit Asbest: Bundeskabinett beschließt überarbeitete Gefahrstoffverordnung

Am 13. November 2024 hat das Bundeskabinett die Verordnung zur Änderung der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) beschlossen. Die neuen Regelungen sollen noch in diesem Jahr in Kraft treten.

Die Novellierung rückt insbesondere den Umgang mit Asbest ist den Mittelpunkt. Sie hat Auswirkungen auf Immobilieneigentümer sowie Fachunternehmen und deren Angestellte.

Wesentliche Neuerungen für den Umgang mit Asbest

  • Auftraggeber von Arbeiten, bei denen mit asbesthaltigen Materialien umgegangen werden könnte, müssen vor Beginn der Arbeiten detaillierte Informationen zur Bau- und Nutzungsgeschichte des Gebäudes bereitstellen, insbesondere über vorhandene oder vermutete Gefahrstoffe. Für die Feststellung von Asbest müssen bei Objekten jünger als 1993 das Baujahr (Datum der Fertigstellung) bzw. zwischen 1993 und 1996 der Baubeginn mitgeteilt werden.Diese Informationen sind die Grundlage für bauausführende Unternehmen zur Asbestprüfung bei Gebäudesanierungen. Sie sollen anschließend mit ihrem Fachwissen einschätzen, ob in dem Gebäude Baustoffe mit Asbestanteilen zum Einsatz gekommen sein und bei den Arbeiten freigesetzt werden könnten. Sollten die vom Auftraggeber bereitgestellten Informationen für eine solche Gefährdungsbeurteilung nicht ausreichen, soll das ausführende Unternehmen selbst „im Rahmen einer besonderen Leistung“ und gegebenenfalls unter Hinzuziehung „externen Sachverstands“ prüfen. Das ausführende Unternehmen muss im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung also vor Beginn der Arbeiten unter anderem
    • die vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten Informationen auf Plausibilität prüfen und berücksichtigen,
    • das Datum des Baubeginns oder des Baujahres berücksichtigen,
    • feststellen, ob die auszuführenden Tätigkeiten nach den neuen Regeln zulässig sind und ob die Tätigkeiten zu einer Freisetzung von Asbestfasern führen können,
    • ermitteln, ob unter Berücksichtigung der vorgesehenen Schutzmaßnahmen Tätigkeiten im Bereich niedrigen, mittleren oder hohen Risikos ausgeübt werden sollen, um ihre Angestellten entsprechend schützen zu können.
  • Ein Unternehmen darf Tätigkeiten mit Asbest nur durchführen, wenn der Betrieb über die erforderliche sicherheitstechnische, organisatorische und personelle Ausstattung verfügt.
  • Betriebe brauchen eine Zulassung durch die zuständige Behörde, wenn Tätigkeiten im Bereich hohen Risikos ausgeübt werden sollen. Eine Zulassung wird für maximal sechs Jahre und möglicherweise mit Auflagen sowie mit dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt. Auflagen können auch nachträglich angeordnet werden.

Kritik an der veränderten Gefahrstoffverordnung

Insbesondere Unternehmen üben scharfe Kritik an der novellierten Gefahrstoffverordnung. Im Zuge der Beratungen über die Regelung wurde die Verantwortung für die Erkundung von Schadstoffen wie Asbest von den Immobilieneigentümer auf die ausführenden Handwerksbetriebe übertragen. Aber: Die technischen Erkundungen durch den Handwerker gehören zum Auftragsvolumen und müssen vom Auftraggeber bezahlt werden.

Jedes Gewerk ist künftig verpflichtet, eine Asbest-Beprobung durchzuführen, selbst wenn es mit anderen auf ein und derselben Baustelle tätig ist. Die Kosten trägt der Bauherr. Damit führt die neue Regelung voraussichtlich zu mehr Bürokratie und höheren Belastungen für die Betriebe.

Neue Arbeitsplatzvorschrift ASR A6 fordert Unternehmen

Die neue ASR A6 “Bildschirmarbeit” ist eine wichtige Aktualisierung der bestehenden Vorschriften für Arbeitsstätten, die sich speziell mit den Anforderungen an Bildschirmarbeitsplätze beschäftigt. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hat die neue Technische Regel für Arbeitsstätten (ASR) am 1. Juli 2024 veröffentlicht, sie löst seither die alte Bildschirmarbeitsverordnung ab. Im Rahmen ihres Compliance Management Systems müssen Unternehmen sie an ihren Arbeitsplätzen spätestens jetzt umsetzen.

Was sind die wichtigsten Neuerungen der ASR A6?

  • Konkretisierung der Anforderungen: Die ASR A6 konkretisiert die allgemeinen Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung und gibt detaillierte Vorgaben für die Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen.
  • Anpassung an den aktuellen Stand der Technik: Die Regelungen wurden an den technischen Fortschritt angepasst, um den heutigen Anforderungen an moderne Arbeitsplätze gerecht zu werden.
  • Prävention von Gesundheitsrisiken: Ziel der ASR A6 ist es, Gesundheitsrisiken durch Bildschirmarbeit, wie beispielsweise Muskel-Skelett-Erkrankungen oder Augenbeschwerden, zu minimieren.
  • Verbesserung der Arbeitsqualität: Durch die Einhaltung der ASR A6 können Unternehmen die Arbeitsqualität für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter deutlich verbessern.

Was bedeutet das konkret für Arbeitgeber und Arbeitnehmer?

  • Arbeitgeber: Arbeitgeber sind verpflichtet, die Anforderungen der ASR A6 umzusetzen und für sichere und gesunde Arbeitsbedingungen an den Bildschirmarbeitsplätzen zu sorgen. Dazu gehören unter anderem:
    • Ergonomische Gestaltung der Arbeitsplätze
    • Regelmäßige Unterweisungen der Mitarbeiter
    • Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen
    • Bereitstellung von geeignetem Equipment
  • Arbeitnehmer: Arbeitnehmer haben das Recht auf einen ergonomisch gestalteten Arbeitsplatz und können sich auf die ASR A6 berufen, um Verbesserungen einzufordern.

Welche Themen werden in der ASR A6 behandelt?

Die ASR A6 umfasst eine Vielzahl von Themen, darunter:

  • Gestaltung des Arbeitsplatzes: Anforderungen an Tische, Stühle, Bildschirme, Tastaturen und Beleuchtung
  • Arbeitshaltung: Empfehlungen für eine gesunde Körperhaltung während der Arbeit
  • Pausen: Regelmäßige Pausen zur Entlastung von Augen und Muskeln
  • Arbeitsorganisation: Gestaltung von Arbeitsabläufen und Aufgabenverteilung
  • Arbeitsumgebung: Anforderungen an Raumklima, Lärmpegel und Beleuchtung
  • Zusätzliche Belastungen: Berücksichtigung von zusätzlichen Belastungen, wie z.B. Stress oder monotone Tätigkeiten

Wo finden Unternehmen mehr Informationen zur ASR A6?

  • Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA): Auf der Website der BAuA finden Sie den vollständigen Text der ASR A6 sowie weitere Informationen und Hilfestellungen.
  • Berufsgenossenschaften: Auch die Berufsgenossenschaft kann bei Fragen zur Umsetzung der ASR A6 weiterhelfen.

Rechtliche Konsequenzen bei Nichtbeachtung der ASR A6

Die Nichtbeachtung der ASR A6 kann für Arbeitgeber weitreichende rechtliche Konsequenzen haben. Diese technischen Regeln für Arbeitsstätten konkretisieren die Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung und dienen dem Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten.

Mögliche Konsequenzen bei Verstößen gegen die ASR A6

  • Bußgelder: Bei Verstößen gegen die ASR A6 können Bußgelder verhängt werden. Die Höhe des Bußgeldes hängt von der Schwere des Verstoßes und der Anzahl der betroffenen Mitarbeiter ab.
  • Zwangsgeld: In besonders schweren Fällen kann ein Zwangsgeld verhängt werden, um den Arbeitgeber zur Erfüllung seiner Pflichten zu zwingen.
  • Stilllegung von Betriebsabläufen: Wenn durch die Verstöße gegen die ASR A6 die Sicherheit oder Gesundheit der Beschäftigten unmittelbar gefährdet ist, können Betriebsabläufe oder sogar ganze Anlagen stillgelegt werden, bis die Mängel behoben sind.
  • Haftung für Schäden: Bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten, die auf Verstöße gegen die ASR A6 zurückzuführen sind, kann der Arbeitgeber haftbar gemacht werden. Dies kann zu Schadensersatzansprüchen der betroffenen Mitarbeiter oder deren Angehörigen führen.
  • Strafrechtliche Konsequenzen: In besonders schweren Fällen können sogar strafrechtliche Konsequenzen drohen, beispielsweise bei vorsätzlicher Gefährdung von Arbeitnehmern.

Welche Verstöße können konkret zu Konsequenzen führen?

  • Fehlende oder unzureichende Gefährdungsbeurteilung: Eine Gefährdungsbeurteilung ist die Grundlage für alle Maßnahmen zum Arbeitsschutz. Fehlt sie oder ist sie unzureichend, kann dies zu erheblichen Konsequenzen führen.
  • Nicht ergonomisch gestaltete Arbeitsplätze: Wenn Arbeitsplätze nicht den Anforderungen der ASR A6 entsprechen, können dadurch gesundheitliche Schäden bei den Mitarbeitern hervorgerufen werden.
  • Fehlende Unterweisung der Mitarbeiter: Mitarbeiter müssen über die Risiken ihrer Tätigkeit und die erforderlichen Schutzmaßnahmen informiert werden. Eine fehlende Unterweisung stellt einen Verstoß dar.
  • Nicht ausreichende Pausenregelungen: Die ASR A6 schreibt bestimmte Pausenzeiten vor. Werden diese nicht eingehalten, kann dies zu gesundheitlichen Problemen führen und rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Barrierefreiheitsstärkungsgesetz: Hohe Strafen bei Verstößen!

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) wurde bereits im Juni 2022 verabschiedet und stellt Barrierefreiheitsanforderungen an Produkte und Dienstleistungen, die nach dem 28. Juni 2025 in den Verkehr gebracht bzw. erbracht werden. Darunter fallen unter anderem der gesamte Online-Handel, Hardware, Software, aber auch Personenverkehr oder Bankdienstleistungen. Das Gesetz zielt darauf ab, allen Menschen, insbesondere Menschen mit Behinderungen, eine gleichberechtigte Teilhabe am digitalen Leben zu ermöglichen. Im Sinne der Compliance sind Unternehmen nun gefordert, notwendige Anpassungen vorzunehmen.

Was gibt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz konkret vor?

  • Digitale Barrierefreiheit: Das BFSG schreibt vor, dass Produkte und Dienstleistungen, die nach dem 28. Juni 2025 in den Verkehr gebracht werden, barrierefrei sein müssen. Das betrifft beispielsweise Websites, Apps, E-Books, aber auch Produkte wie Smartphones oder Computer.
  • Zielgruppe: Neben Menschen mit Behinderungen profitieren auch ältere Menschen oder Menschen mit geringen digitalen Kenntnissen von diesen Maßnahmen.
  • Inhalte: Das Gesetz definiert konkrete Anforderungen, wie zum Beispiel:
    • verständliche Sprache: Informationen müssen einfach und klar formuliert sein.
    • alternative Inhalte: Es müssen beispielsweise Texte zu Bildern oder Videos angeboten werden.
    • Bedienbarkeit: Websites und Apps müssen so gestaltet sein, dass sie auch mit einer Tastatur oder einem Screenreader bedient werden können.

Durch das BFSG soll der digitale Raum für alle zugänglicher werden. Menschen mit Behinderungen haben so die Möglichkeit, am Arbeitsleben teilzuhaben, Informationen zu beschaffen und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. „Dienstleistungen und Produkte sind nach dem Gesetz dann barrierefrei, wenn sie

  • für Menschen mit Behinderung
  • in der allgemein üblichen Weise
  • ohne besondere Erschwernis und
  • grundsätzlich ohne fremde Hilfe
  • auffindbarzugänglich und nutzbar sind.

Grundsätzlich zeichnet sich ab, dass eine Wahrnehmung immer über mindestens zwei Sinne möglich sein muss.“ (Quelle)

Welche Bereiche und Angebote sind vom BFSG betroffen?

  • Öffentliche Verwaltung: Online-Dienste der Behörden müssen barrierefrei sein.
  • Verkehr: Digitale Angebote im öffentlichen Nahverkehr müssen zugänglich sein.
  • Banken: Online-Banking muss für alle nutzbar sein.
  • E-Commerce: Online-Shops müssen barrierefrei gestaltet sein.
  • Medien: Digitale Medienangebote müssen inklusive sein.

„Das BFSG gilt für folgende Produkte, die nach dem 28.06.2025 in den Verkehr gebracht werden:

  • Hardwaresysteme einschließlich Betriebssysteme
  • Selbstbedienungsterminals: Zahlungsterminals, Geldautomaten, Fahrausweisautomaten, Check-in-Automaten, Selbstbedienungsterminals zur Bereitstellung von Informationen
  • Verbraucherendgeräte mit interaktivem Leistungsumfang, die für Telekommunikationsdienste oder für den Zugang zu audiovisuellen Mediendiensten verwendet werden
  • E-Book-Lesegeräte

Das BFSG gilt für folgende Dienstleistungen, die für Verbraucherinnen und Verbraucher nach dem 28.06.2025 erbracht werden:

  • Telekommunikationsdienste
  • Elemente von Personenbeförderungsdiensten: Webseiten, Apps, elektronische Tickets und Ticketdienste, Bereitstellung von Verkehrsinformationen, interaktive Selbstbedienungsterminals
  • Bankdienstleistungen für Verbraucher
  • E-Books und hierfür bestimmte Software
  • Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr“ (Quelle)

Anforderungen durch das BFSG

Hersteller und Importeure dürfen nur barrierefrei zugängliche digitalen Produkte vertreiben. Wer die Barrierefreiheitsanforderungen nicht umsetzt, darf die Angebote nicht in Umlauf bringen, es drohen Rückruf und Strafen. Die Anforderungen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes gelten im Übrigen auch für Dienstleistungen. Dies müssen Hersteller/Anbieter in einem Konformitätsbewertungsverfahren und einer Konformitätserklärung nachweisen.

Im Zuge der Umsetzung des Barrierefreiheitsstärkungsgesetz müssen Unternehmen besonderen Kennzeichnungspflichten nachkommen.

Strafen bei Nicht-Beachtung

„Betroffene Verbraucher können sich selbst an die Marktüberwachungsbehörde (die Bundesländer) wenden, wenn sie einen Verstoß gegen die Vorschriften des BFSG geltend machen wollen. Auch nach Behindertengleichstellungsgesetz anerkannten Verbänden und Einrichtungen steht dieses Recht eigenständig zu. Schließlich können auch Mitbewerber im Wege der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung gegen Verstöße vorgehen. In diesem Falle droht Unterlassung und Schadensersatz.

Werden die Erfordernisse der Barrierefreiheit nicht erfüllt, kann die Marktüberwachungsbehörde anordnen, das betroffene Produkt oder die Dienstleitung zurückzurufen bzw. einzustellen. Darüber hinaus drohen Bußgelder von bis zu 100.0000 Euro.“ (Quelle).

Achtung! Richtlinie zur Produktsicherheit GPSR greift ab 13. Dezember 2024

Bereits im Frühjahr 2023 hat die Europäische Union die neue Vorschrift zur allgemeinen Produktsicherheit GPSR (General Product Safety Regulation) auf den Weg gebracht. Nach einer Übergangszeit von 18 Monaten folgt nun am 13. Dezember 2024 die Richtlinie 2001/95/EG und gilt in allen EU-Ländern. Das sollten Unternehmen jetzt rund um das Thema Sicherheit von Verbraucherprodukten beachten.

Auf fast ausnahmslos alle Produkte ist die GPSR künftig anzuwenden. Sämtliche Unternehmen, die zum Stichtag 13. Dezember 2024 Verbraucherprodukte produzieren, einführen oder mit ihnen in Deutschland oder der Europäischen Union handeln, müssen sie umsetzen. Das gilt auch für den Online-Handel.

Für welche Produkte gilt die GPSR? (Beispiele)

  • Elektronik: Smartphones, Tablets, Laptops, Fernseher, Haushaltsgeräte
  • Spielzeug: Puppen, Spiele, Fahrzeuge
  • Textilien: Kleidung, Bettwäsche
  • Kosmetik: Cremes, Parfüms, Make-up
  • Sportartikel: Fahrräder, Skier, Fitnessgeräte
  • Haushaltswaren: Besteck, Geschirr, Möbel

Produkte, die NICHT unter die GPSR fallen:

  • Lebensmittel und Futtermittel
  • Arzneimittel
  • Kosmetische Mittel (diese unterliegen eigenen, spezifischen Vorschriften)
  • Medizinprodukte
  • Beförderungsmittel (Autos, Züge, Flugzeuge)
  • Pflanzenschutzmittel
  • Antiquitäten

Entscheidend für die Relevanz ist, ob ein Produkt unter normalen oder vernünftigerweise vorhersehbaren Bedingungen von Verbrauchern verwendet wird. Für Produkte, die vor dem 13. Dezember 2024 in Verkehr gebracht wurden, gelten Übergangsbestimmungen. Diese Produkte müssen weiterhin die Anforderungen der alten Richtlinie erfüllen.

Was bedeutet die Richtlinie für Unternehmen?

Unternehmen, die Verbraucherprodukte in der EU vertreiben, müssen sicherstellen, dass ihre Produkte die Anforderungen der Richtlinie erfüllen. Dazu gehört unter anderem:

  • Risikobewertung: gründliche Bewertung der möglichen Risiken, die von dem Produkt ausgehen
  • Konformitätsbewertung: Nachweis, dass das Produkt die gesetzlichen Anforderungen erfüllt
  • Kennzeichnung: deutliche und leicht verständliche Kennzeichnung des Produkts
  • Informationspflichten: Bereitstellung ausreichender Informationen für Verbraucher, insbesondere Gebrauchsanleitungen und Sicherheitsvorschriften, die verständlich in der Sprache des Landes formuliert sind, in dem es vertrieben wird; außerdem einfache Kontaktaufnahmemöglichkeiten zum Unternehmen für Verbraucher unter anderem telefonisch oder online/per E-Mail
  • Rückrufverfahren: Einrichtung eines Systems für den Rückruf unsicherer Produkte

Wir empfehlen Unternehmen, spätestens jetzt im Sinne Ihres Compliance Management Systems die Risikoanalyse ihrer Produkte, um die GPSR zum Stichtag 13.12.2024 umgesetzt zu haben.

EU Data Act – Das sollten Unternehmen jetzt beachten!

Der EU Data Act ist ein neues Gesetz der Europäischen Union, das Anfang 2024 in Kraft getreten ist und bis September 2025 umgesetzt sein muss. Es zielt darauf ab, die Nutzung von Daten in der EU zu regeln und zu fördern. Der EU Data Act soll einen fairen und wettbewerbsorientierten Datenmarkt schaffen und gleichzeitig den Datenschutz gewährleisten. Obwohl der EU Data Act unter anderem die Grundlage für eine starke digitale europäische Wirtschaft bilden soll, befürchtet allerdings derzeit jedes dritte (34 Prozent) Unternehmen aus dem Mittelstand, dass Deutschland aufgrund des Gesetzes seine führende Position im internationalen Wettbewerb einbüßen wird, kritisiert unter anderem das Digitalunternehmen proAlpha.

Kernpunkte des EU Data Act

  • Datenzugriffsrechte: Unternehmen und Bürger sollen unter bestimmten Bedingungen ein Recht auf Zugriff auf ihre eigenen Daten haben, die sie bei Unternehmen gespeichert haben. Dies gilt insbesondere für Daten, die von intelligenten Produkten und Geräten erzeugt werden.
  • Datenweitergabe: Unternehmen sollen verpflichtet werden, Daten unter bestimmten Bedingungen an andere Unternehmen oder öffentliche Einrichtungen weiterzugeben.
  • Datenpools: Der Data Act fördert die Schaffung von Datenpools, in denen Unternehmen und öffentliche Einrichtungen ihre Daten zusammenführen können, um Innovationen anzustoßen.
  • Wettbewerb: Der Data Act soll verhindern, dass große Technologieunternehmen ihre marktbeherrschende Stellung ausnutzen, um den Zugang zu Daten zu beschränken.
  • Datenschutz: Der Data Act steht im Einklang mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und stellt sicher, dass der Datenschutz bei der Nutzung von Daten gewahrt bleibt.

Ziele

  • Innovation: Durch die Förderung des Datenflusses und der Datennutzung sollen neue Geschäftsmodelle und innovative Produkte entstehen.
  • Digitalisierung: Der Data Act soll die digitale Transformation der europäischen Wirtschaft beschleunigen.
  • Europäische Datenwirtschaft: Die EU möchte mit dem Data Act eine starke europäische Datenwirtschaft aufbauen, die mit den USA und China konkurrieren kann.
  • Autonomie der EU: Das Gesetz ist Teil der Bemühungen der EU, ihre strategische Autonomie in der digitalen Welt zu stärken.

Auswirkungen auf Unternehmen

Der EU Data Act hat erhebliche Auswirkungen auf Unternehmen, insbesondere auf diejenigen, die große Mengen an Daten sammeln und verarbeiten. Unternehmen müssen sich auf neue Anforderungen einstellen, wie z.B.:

  • Datenmanagement: Unternehmen müssen ihre Datenbestände besser verwalten und sicherstellen, dass sie den Anforderungen des Data Act entsprechen.
  • Datenweitergabe: Unternehmen sind möglicherweise verpflichtet, Daten an andere Unternehmen oder öffentliche Einrichtungen weitergeben.
  • Verträge anpassen: Es sollte geprüft werden, ob Verträge mit Kunden und Geschäftspartnern an die neuen gesetzlichen Anforderungen anzupassen sind.

Folgen bei Nicht-Einhaltung

Unternehmen, die sich nicht an den EU Data Act halten, müssen mit erheblichen Folgen rechnen – monetär und betrieblich. Dazu gehören unter anderem:

  • Erhebliche Geldstrafen, die auch in ihrer Höhe abschreckenden Charakter haben sollen. Die genaue Höhe ist variabel.
  • Betriebliche Einschränkungen bei schweren Verstößen durch Behörden können zur Beschränkung der Datenverarbeitung oder -weitergabe führen.
  • Behördliche Kontrollen in Form von Audits können die Folge für Unternehmen sein, die den EU Data Act nicht umsetzen.

Wir bei SAT empfehlen Unternehmen, schnellstmöglich mit der Umsetzung des neuen Gesetzes in das Compliance Management System zu beginnen und bestenfalls ein Compliance Audit von sich aus anzustoßen, um rechtlich auch künftig auf der sicheren Seite zu sein. Wir unterstützen Sie dabei.

ADR 2025: Auf diese Änderungen müssen sich Unternehmen vorbereiten

Das internationale Regelwerk für den Transport gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) wird zum 1. Januar 2025 aktualisiert. Diese turnusmäßigen Updates gibt es alle zwei Jahre. Die Anpassungen sind notwendig, um mit den ständig wachsenden Anforderungen im Bereich des Gefahrguttransports Schritt zu halten und neue Entwicklungen zu berücksichtigen. Unsere Fachleute bei SAT empfehlen, sich schon jetzt mit den Auswirkungen auf Transportprozesse auseinanderzusetzen.

Wichtige Änderungen im ADR 2025

  • Neue UN-Nummern: Es werden elf neue UN-Nummern eingeführt, die eine genauere Klassifizierung von Gefahrgütern ermöglichen. Zudem gibt es 132 punktuelle Änderungen in den Spalten, die die Handhabung von Gefahrgütern teilweise vereinfachen sollen.
  • Änderungen in fast allen Kapiteln: Die Änderungen betreffen nahezu alle Kapitel des ADR und zielen darauf ab, die Vorschriften zu präzisieren und an die aktuellen technischen Entwicklungen anzupassen.
  • Anpassungen an neue Technologien: Die neuen Vorschriften berücksichtigen auch neue Technologien und Entwicklungen im Bereich der Gefahrgutbeförderung.
  • Erhöhte Sicherheit: Ziel der Änderungen ist es, die Sicherheit beim Transport gefährlicher Güter weiter zu erhöhen und Risiken zu minimieren.

Was bedeutet das für Sie?

Die Änderungen im ADR 2025 haben Auswirkungen auf alle Unternehmen, die mit dem Transport gefährlicher Güter befasst sind. Dazu gehören:

  • Speditionen: Speditionen müssen ihre Transportprozesse und -dokumentation an die neuen Vorschriften anpassen.
  • Hersteller und Händler: Hersteller und Händler von Gefahrgütern müssen sicherstellen, dass ihre Produkte korrekt klassifiziert und gekennzeichnet sind.
  • Fahrer: Fahrer von Gefahrguttransporten müssen über die neuen Vorschriften informiert sein und entsprechend geschult werden.

Was sollten Sie tun?

Um sich auf die Änderungen im ADR 2025 vorzubereiten, sollten Sie folgende Schritte unternehmen:

  • Informieren Sie sich: Informieren Sie sich gründlich über die neuen Vorschriften und deren Auswirkungen auf Ihr Unternehmen.
  • Schulungen: Stellen Sie sicher, dass Ihre Mitarbeiter, insbesondere die Fahrer, über die neuen Vorschriften geschult werden.
  • Anpassung der Prozesse: Passen Sie Ihre Transportprozesse und -dokumentation an die neuen Anforderungen an.
  • Aktualisierung von Fahrzeugen und Ausrüstung: Überprüfen Sie, ob Ihre Fahrzeuge und Ausrüstung den neuen Vorschriften entsprechen.
  • Beratung einholen: Holen Sie sich bei Bedarf fachliche Beratung von Experten für Gefahrguttransporte.

Wo finde ich weitere Informationen zum ADR 2025?

EU-Entgelttransparenzrichtlinie: Deutschland muss umsetzen

Schon vor gut einem Jahr ist die EU-Entgelttransparenzrichtlinie in Kraft getreten. Das deutsche Entgelttransparenzgesetz muss nun aktualisiert werden, da die Regelungen der EU-Entgelttransparenzrichtlinie über die des Entgelttransparenzgesetzes hinausgehen. Was das für deutsche Unternehmen bedeutet, fassen wir hier zusammen.

Ziel der EU-Entgelttransparenzrichtlinie

„Spätestens bis Juni 2026 müssen alle EU-Staaten starke Transparenzinstrumente einführen“, heißt es beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Die Richtlinie soll sicherstellen, dass Vergütungen in der Europäischen Union gerecht und transparent gestaltet werden. Arbeitgeber müssen Vergütungsstrukturen etablieren, in denen für gleiche oder gleichwertige Arbeit das gleiche Entgelt gezahlt wird – unabhängig vom Geschlecht. Als Kriterien können dabei beispielsweise notwendige Kompetenz, mit der Aufgabe einhergehende Verantwortung und Belastung, aber auch soziale Kompetenz und Arbeitsbedingungen herangezogen werden.

Inhalte der EU-Entgelttransparenzrichtlinie

Das Bundesfamilienministerium listet die wesentlichen Regelungen der Richtlinie auf:

  • Lohntransparenz für Arbeitssuchende
    • Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssen in der Stellenausschreibung oder vor dem Vorstellungsgespräch Informationen über das Einstiegsentgelt oder dessen Spanne bereitstellen, und zwar so, dass sie fundierte und transparente Verhandlungen über das Gehalt ermöglichen.
    • Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern dürfen Stellenbewerberinnen und -bewerber nicht mehr nach ihrer früheren Vergütung zu fragen.
  • Auskunftsrecht für Beschäftigte unabhängig von der Größe des Unternehmens
    • Beschäftigte können vom Arbeitgeber Auskunft über ihr individuelles Einkommen und über die durchschnittlichen Einkommen im Unternehmen verlangen – aufgeschlüsselt nach Geschlecht und für Gruppen von Beschäftigten, die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten. So erfahren sie, wie sie im Vergleich zu Kolleginnen und Kollegen bezahlt werden.
    • Dieses Recht haben künftig alle Beschäftigten unabhängig von der Größe des Unternehmens. Das deutsche Gesetz forderte bislang nur Unternehmen ab 500 Beschäftigten dazu auf, betriebliche Verfahren zur Überprüfung und Herstellung von Entgeltgleichheit durchzuführen. Beschäftigte in Betrieben mit über 200 Beschäftigten haben bisher einen Auskunftsanspruch über die Kriterien und Verfahren, wie das Entgelt festgelegt wird – und zwar sowohl die eigene Vergütung als auch die von anderen Beschäftigten, die der gleichen oder einer gleichwertigen Arbeit nachgehen.
  • Ab 100 Beschäftige: Berichterstattung über das geschlechtsspezifische Lohngefälle und gemeinsame Entgeltbewertung
    • Unternehmen mit mindestens 100 Beschäftigten müssen regelmäßig Daten zur geschlechtsspezifischen Lohnlücke in ihrem Unternehmen veröffentlichen.
    • In einer ersten Phase müssen Unternehmen ab 250 Beschäftigten jährlich und zwischen 150 und 249 Beschäftigten alle drei Jahre Bericht erstatten. Spätestens ab 2031 gilt die Berichtspflicht alle drei Jahre für Unternehmen mit 100 bis 149 Beschäftigten.
  • Die Rechte derjenigen stärken, die beim Entgelt benachteiligt werden
    • Beschäftigte, die geschlechtsspezifische Lohndiskriminierung erleiden, können entschädigt werden inklusive vollständiger Entgeltnachzahlung und damit verbundener Boni oder Sachleistungen.
    • Kommt ein Unternehmen seiner Transparenzpflicht nicht nach, hat der Beschäftigte nicht mehr die Beweislast. Vielmehr muss das Unternehmen beweisen, dass es beim Entgelt niemanden diskriminiert.
    • Deutschland muss wie alle EU-Staaten nun Sanktionen festlegen, wenn Unternehmen gegen den Grundsatz gleichen Entgelts verstößt. Dazu können auch Geldstrafen gehören. Auf jeden Fall sollen es „wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen“ sein.
    • Die Richtlinie sieht vor, dass qualifizierte Verbände Klagende in Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren unterstützen können.

Die EU-Entgelttransparenzrichtlinie sollten Unternehmen als Anstoß nehmen, sich frühzeitig mit der Thematik auseinanderzusetzen und Verfahren zur Überprüfung und Herstellung von Entgeltgleichheit anzustoßen. Letztlich müssen sie aber die finalen Regelungen des deutschen Gesetzgebers abwarten.

Lieferkettengesetz endgültig beschlossen

Es hat ziemlich lange gedauert, aber nun haben die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union Ende vergangener Woche endlich das finale Lieferkettengesetz verabschiedet. Im Fokus stehen der weltweite Schutz und die Stärkung von Menschenrechten und der Umweltschutz. Deutschland muss sein Lieferkettengesetz entsprechend anpassen: Bei Menschenrechtsverletzungen, die unzweifelhaft von Unternehmen verursacht werden, können Betroffene künftig vor EU-Gerichten Schadenersatz fordern. Auch die Regelungen, für wen das Gesetz gilt, muss Deutschland anpassen: Nach einer Übergangsfrist von fünf Jahren gelten die vereinbarten Regelungen am Ende für Unternehmen ab 1.000 Beschäftigte und 450 Millionen Euro Umsatz. Bereits nach drei Jahren ändern sich die Vorgaben: Firmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und mehr als 1,5 Milliarden Euro Umsatz weltweit werden einbezogen, nach vier Jahren mit 4.000 Mitarbeitern und 900 Millionen Umsatz.

Durch das Lieferkettengesetz werden Unternehmen in die Pflicht genommen: Sie sollen sich künftig dafür verantworten, wenn ihre Waren und Produkte beispielsweise unter Einsatz von Kinder- oder Zwangsarbeit oder anderen Menschenrechtsverletzungen hergestellt werden. Mit dem Gesetz einher geht der Klimaschutz: Unternehmen müssen belegen, dass ihre Geschäftstätigkeit dazu beiträgt oder zumindest mit dem Ziel vereinbar ist, zur Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad – verglichen mit der vorindustriellen Zeit – beizutragen.

Die Verantwortung der Unternehmen reicht dabei weit über ihre originäre eigene Tätigkeit hinaus: Auch ihre Zulieferer müssen sich an die Vorgaben des Lieferkettengesetzes halten und zu den vereinbarten Zielen beitragen, dies auch vertraglich fixieren. KMU entlang der gesamten Lieferkette sollen bei der Umsetzung des Gesetzes unterstützt werden. Allerdings müssen die damit rechnen – obwohl vom Gesetz nicht einbezogen – dass die Verpflichtungen daraus an sie weitergereicht werden.

Auswirkungen des EU-Lieferkettengesetzes auf Compliance

Das EU-Lieferkettengesetz hat erhebliche Auswirkungen auf die Compliance-Verpflichtungen von Unternehmen. Die wichtigsten Punkte:

Sorgfaltspflichten: Unternehmen müssen menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken in ihrer gesamten Lieferkette proaktiv identifizieren, bewerten und managen. Dazu gehört die Durchführung von Due-Diligence-Prüfungen bei Lieferanten und die Implementierung von Maßnahmen zur Vermeidung und Minimierung von Risiken.

Dokumentation und Berichterstattung: Unternehmen müssen ihre Sorgfaltspflichten dokumentieren und jährlich einen Bericht über ihre Maßnahmen zur Einhaltung des Lieferkettengesetzes veröffentlichen.

Haftung: Bei Verstößen drohen Unternehmen Bußgelder von bis zu 4% des weltweiten Jahresumsatzes.

Zivilrechtliche Haftung: Unternehmen können auch zivilrechtlich für Schäden haftbar gemacht werden, die durch menschenrechts- oder umweltwidrige Aktivitäten in ihrer Lieferkette verursacht werden.

Verstärkte Kontrolle: Nationale Behörden werden mit der Überwachung der Einhaltung des Lieferkettengesetzes beauftragt und können bei Verstößen Sanktionen verhängen.

Das EU-Lieferkettengesetz weitet die Compliance-Verpflichtungen von Unternehmen erheblich aus. Unternehmen müssen ihre Prozesse und Systeme anpassen, um die neuen Anforderungen zu erfüllen. Dies erfordert Investitionen in Zeit, Geld und Ressourcen.

Empfehlungen für Unternehmen

  • Unternehmen sollten eine Risikobewertung durchführen, um die menschenrechtlichen und umweltbezogenen Risiken in ihrer Lieferkette zu identifizieren.
  • Unternehmen sollten einen Due-Diligence-Prozess implementieren, um die Risiken in ihrer Lieferkette zu bewerten und zu managen.
  • Unternehmen sollten ihre Sorgfaltspflichten dokumentieren und einen Bericht über ihre Maßnahmen zur Einhaltung des Gesetzes veröffentlichen.

Wir empfehlen Ihnen, rechtliche und fachliche Beratung zur Umsetzung des EU-Lieferkettengesetzes in Anspruch zu nehmen, um sicherzustellen, dass Sie alle Anforderungen erfüllen. SAT unterstützt Sie dabei.