Compliance

Studie zu Compliance offenbart Kommunikationsprobleme

Welchen Stellenwert haben Compliance und Integrität bei Führungsverantwortlichen in großen Unternehmen? Offenbar einen sehr großen: Laut der Studie „Compliance und Integrität in der Krise“, die das Konstanzer Zentrum für Wirtschaftsethik (ZfW) und die Frankfurter Kommunikationsagentur A&B One gemacht haben, geben 56 Prozent der Führungskräfte an, dass sich ihr Arbeitgeber stärker als bisher für Integrität, Transparenz und Fairness im Wettbewerb einsetzen soll. Zu den Ergebnissen heißt es seitens der Initiatoren: „Ein ethisch einwandfreies Geschäftsgebaren ist für die Arbeitgeberbindung noch wichtiger als ein an Nachhaltigkeit oder Klimaschutz ausgerichteter „Purpose“. Die Entwicklung einer wertebasierten Compliance-Kultur und die Bereitschaft zur individuellen Verantwortungsübernahme werden im Homeoffice essenziell: Geltende Regeln sind dort weniger präsent, ihre Einhaltung kann schlechter kontrolliert werden.“

An der Befragung im November 2020 nahmen 303 Führungskräfte aller Ebenen teil, deren Unternehmen in der freien Wirtschaft mindestens 1.000 Beschäftigten haben. Demnach sprach sich die Mehrheit der Teilnehmenden für mehr Einsatz ihres Arbeitgebers für ökologische, rechtliche und soziale Werte aus. Bemerkenswert: Das ethisch einwandfreie Geschäftsgebaren auch in kritischen Situationen bewerten die Befragten sogar noch höher als soziale oder ökologische Ziele wie Umwelt- und Klimaschutz, Diversität oder Menschenrechte. Interpretation der Studieninitiatoren: „Nachhaltigkeit bleibt also wichtig, darf mit Blick auf die Gewinnung und Bindung von Mitarbeiter*innen aber nicht überschätzt werden.“

Dass dieses Ziel noch nicht erreicht ist, zeigen die Studienergebnisse allerdings ebenfalls: „Viele Unternehmen setzen aus Sicht der Befragten allerdings andere Prioritäten: Der wirtschaftliche Erfolg hat Vorrang, die Arbeitsbedingungen treten dahinter zurück. Defizite sehen die Führungskräfte vor allem in ethischen Konfliktfragen: Nur die Hälfte bescheinigt ihrem jeweiligen Arbeitgeber, dieser lege viel Wert darauf, auch dann integer zu handeln, wenn sich das einmal „nicht rechnet“. 64 % der Führungskräfte sind beunruhigt über Skandale und Missstände in der Wirtschaft, und 53 % glauben, dass Fehlverhalten heute häufiger vorkommt als vor zehn Jahren.“

Ein weiteres Manko: Obwohl es zwar in einem Großteil der teilnehmenden Unternehmen mittlerweile eigene Zuständigkeiten und Schulungen für Compliance gibt, sind die entsprechenden Regeln und Werte in den Unternehmen wenig präsent, werden von der Führungsetage nicht vorgelebt oder kommuniziert. Die Studie kommt zu dem Ergebnis: „In der Praxis wird noch zu wenig Wert auf persönlichen Austausch, Beratung und Diskussionsangebote gelegt: Diese Maßnahmen sind aus Sicht der Teilnehmenden besonders wirksam, werden aber nicht durchweg eingesetzt. Der offene Dialog erweist sich in unserer Studie als effektiver Hebel für die Förderung von Regelkonformität und individueller Verantwortungsübernahme – auch im Homoffice.“

Link zur Studie