Wie mittelständische Firmen verschobene Fristen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung optimal nutzen
Die Europäische Kommission hatte im Frühjahr 2025 die Fristen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung für bestimmte Unternehmen, insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU), verschoben. Das bietet diesen Firmen eine wertvolle Gelegenheit, sich besser auf die kommenden Anforderungen vorzubereiten und Nachhaltigkeit strategisch in ihre Geschäftsmodelle zu integrieren. Statt die Hände in den Schoß zu legen, sollten Unternehmen diese zusätzliche Zeit aktiv nutzen.
Was bedeutet die Fristverschiebung konkret?
Ursprünglich sollten viele KMU, die bestimmte Kriterien erfüllen, ab dem Geschäftsjahr 2026 im Rahmen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) berichtspflichtig werden. Diese Frist wurde nun um zwei Jahre auf das Geschäftsjahr 2028 verschoben. Dies betrifft börsennotierte KMU sowie bestimmte nicht börsennotierte Unternehmen, die als “große Unternehmen” im Sinne der CSRD gelten. Die Verschiebung gibt ihnen die Möglichkeit, sich ohne den sofortigen Druck der Berichterstattungspflichten intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Chancen, die sich aus der Verschiebung ergeben
Die verlängerte Vorbereitungszeit ist keine Entlastung, sondern eine Chance. Mittelständische Unternehmen können diese Zeit nutzen, um:
- Grundlagen schaffen: Beginnen Sie mit der Datenerfassung. Welche nachhaltigkeitsrelevanten Informationen sind bereits vorhanden? Welche fehlen noch? Entwickeln Sie ein System zur systematischen Erfassung von Daten zu Energieverbrauch, Emissionen, Wasserverbrauch, Abfallmanagement und sozialen Aspekten.
- Wesentlichkeitsanalyse durchführen: Identifizieren Sie, welche Nachhaltigkeitsthemen für Ihr Unternehmen und Ihre Stakeholder am wichtigsten sind. Eine doppelte Wesentlichkeitsanalyse (Impact Materiality und Financial Materiality) ist hier essenziell. Welche Auswirkungen hat Ihr Unternehmen auf Umwelt und Gesellschaft? Und welche Nachhaltigkeitsthemen wirken sich auf Ihr Geschäftsergebnis aus?
- Strategie entwickeln: Nachhaltigkeit sollte nicht nur eine reine Berichtspflicht sein, sondern Teil Ihrer Unternehmensstrategie werden. Definieren Sie klare Nachhaltigkeitsziele und integrieren Sie diese in Ihre Kernprozesse. Überlegen Sie, wie Nachhaltigkeit Ihnen Wettbewerbsvorteile verschaffen kann, etwa durch Kosteneinsparungen, Risikominimierung oder die Erschließung neuer Märkte.
- Mitarbeiter schulen: Sensibilisieren und schulen Sie Ihre Mitarbeiter für das Thema Nachhaltigkeit. Sie sind der Schlüssel zur erfolgreichen Umsetzung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen im Unternehmen.
- Lieferkette überprüfen: Die CSRD fordert auch die Betrachtung der vor- und nachgelagerten Lieferkette. Nutzen Sie die Zeit, um Ihre Lieferantenbeziehungen zu überprüfen und gegebenenfalls neue Anforderungen an Nachhaltigkeit zu formulieren.
- Technische Unterstützung prüfen: Es gibt zahlreiche Softwarelösungen, die bei der Datenerfassung, Analyse und Berichterstattung unterstützen können. Evaluieren Sie, welche Tools für Ihr Unternehmen am besten geeignet sind.
- Kommunikation verbessern: Beginnen Sie, intern und extern über Ihre Nachhaltigkeitsbemühungen zu kommunizieren. Dies schafft Vertrauen bei Kunden, Mitarbeitern und Investoren.
Strategische Vorteile durch proaktives Handeln
Wer die zusätzlichen zwei Jahre für eine sorgfältige Vorbereitung nutzt, verschafft sich erhebliche Vorteile:
Zugang zu Kapital: Investoren und Banken berücksichtigen zunehmend ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) bei ihren Anlageentscheidungen und Kreditvergaben. Eine gute Nachhaltigkeitsperformance kann den Zugang zu günstigeren Finanzierungen erleichtern.
Risikomanagement: Durch die frühzeitige Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeitsthemen können potenzielle Risiken (z.B. Reputationsschäden, rechtliche Risiken, Lieferkettenausfälle) identifiziert und minimiert werden.
Kosteneinsparungen: Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz oder zur Abfallreduzierung können langfristig zu erheblichen Kosteneinsparungen führen.
Mitarbeiterbindung: Eine nachhaltige Unternehmenskultur kann die Attraktivität als Arbeitgeber erhöhen und zur Bindung qualifizierter Mitarbeiter beitragen.
Die Verschiebung der Fristen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung ist kein Freifahrtschein, sondern eine strategische Möglichkeit für mittelständische Unternehmen. Nutzen Sie die zusätzliche Zeit, um die notwendigen Strukturen aufzubauen, Ihre Strategie anzupassen und Nachhaltigkeit als integralen Bestandteil Ihres Unternehmenserfolgs zu etablieren. Wer jetzt handelt, ist bestens vorbereitet, wenn die Berichtspflichten in Kraft treten.