Unternehmen haften bei Verstößen gegen Corona-Arbeitsschutz
Das Landesarbeitsgericht München hat im Februar dieses Jahres eine Firma zu Schadensersatz gegenüber einer Mitarbeiterin verurteilt, weil der Geschäftsführer des Unternehmens sich nicht an die geltende Corona-Schutzverordnung gehalten und es nicht der arbeitsrechtlichen Fürsorgepflichten genügt hat. Daraus ergibt sich auch für die Zukunft, dass Arbeitgeber ihre Pflichten, die sich aus dem unternehmerischen Arbeitsschutz ergeben, nicht vernachlässigen dürfen.
Zu dem genauen Fall informiert das LAG München:
Die Klägerin war bei der Beklagten als Immobilienwirtin beschäftigt. Der Geschäftsführer des Unternehmens kam aus dem Urlaub mit Erkältungssymptomen zurück. Kurz darauf fuhr er mit der Klägerin in einem Pkw zu Eigentümerversammlungen, wobei die Fahrten zweimal eine halbe bzw. zweimal mehr als eine Viertelstunde dauerten. Von einem Teilnehmer der ersten Eigentümerversammlung rückte er etwas ab und erklärte dazu, er habe aufgrund der Klimaanlage eine Erkältung und sich deswegen weiter weggesetzt.
Wenige Tage später wurde der Geschäftsführer Corona-positiv getestet, das Gesundheitsamt ordnete für die Klägerin als Kontaktperson 1 eine Quarantäne an. Die für vor Ende der Quarantäne geplante kirchliche Trauung mit anschließender Hochzeitsfeier der Klägerin, zu der 99 Gästen eingeladen worden waren, konnte deshalb nicht stattfinden. Mit ihrer Klage verlangte die Klägerin unter anderem den Ersatz der Kosten durch die ausgefallene Hochzeitsfeier und -reise.
Durch das Verhalten ihres Geschäftsführers habe das Unternehmen laut Gericht grob gegen die öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzpflichten der SARS-CoV2- Arbeitsschutzstandards und die allgemeinen Fürsorgepflichten verstoßen. Zum damaligen Zeitpunkt galten Mindestabstände und ein Fernbleiben vom Arbeitsplatz bei entsprechenden Krankheitssymptomen. Weil der Geschäftsführer offensichtlich dagegen verstieß, habe das Unternehmen den entstandenen Schaden der Klägerin zu ersetzen.
Was bedeutet das Urteil aktuell für den Schutz vor Corona in Unternehmen?
Derzeit kehren immer mehr Menschen von ihren heimischen Arbeitsplätzen in die Büros zurück. Maskenpflicht und Abstandsregeln sind reduziert oder sogar ganz aufgehoben. Das entbindet Unternehmen trotzdem nicht davon, im Zuge ihres umfassenden Compliance Managements eine Gefährdungsbeurteilung auf Basis der aktuellen Corona-Arbeitsschutzverordnung zu veranlassen und ein Hygienekonzept für alle Arbeits- und Aufenthaltsbereiche im Unternehmen zu erarbeiten und zu realisieren. Ansonsten können Unternehmen gemäß des beschriebenen Urteils selbst für Vermögensschäden von Mitarbeitenden haftbar gemacht werden.
Hinweise zur Gestaltung eines entsprechenden Konzeptes finden Unternehmen in der Corona-Arbeitsschutzregel. Dort heißt es u.a.: „Diese SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel konkretisiert für den gemäß § 5 Infektionsschutzgesetz festgestellten Zeitraum der epidemischen Lage von nationaler Tragweite sowie für einen befristeten Zeitraum nach Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite (nachfolgend Epidemie) die Anforderungen an den Arbeitsschutz in Hinblick auf SARS-CoV-2 unter Berücksichtigung des Impf-, Sero- und Teststatus der Beschäftigten. Diese Regel gilt bis zum Außerkrafttreten der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung.“