Gewerbeabfallverordnung

Auf einen Blick: Neue Fassung der Gewerbeabfallverordnung

Wichtige, aktuelle Veränderungen bei Gesetzen, Richtlinien und Verordnungen stellen wir Ihnen in regelmäßigen Abständen in unserem Compliance-Blog vor. Heute: Die grundlegende Ausrichtung der Gewerbeabfallverordnung musste geändert werden (BGBl. Nr. 22 vom 21.04.2017 S. 896). Die neue Fassung tritt am 1. August 2017 in Kraft. Überprüfen Sie anhand des Gesetzeskatasters schnell und einfach, ob Ihr Unternehmen betroffen ist.

Gemischte Gewerbeabfälle gelangen vielfach entgegen der Vorrangregelung der Abfallhierarchie und an vorhandenen Gewerbeabfallsortieranlagen vorbei direkt in die energetische Verwertung. Die Praxis zeigt, dass es aufwändig und kostenintensiv ist, möglichst sortenreine wertstoffhaltige Abfälle für einen Recyclingprozess zu generieren, wenn diese in Gemischen anfallen. Die getrennte Erfassung von Abfällen dagegen führt genau zu solchen weitgehend sortenreinen Abfallfraktionen und ist daher gegenüber der Erfassung von Abfallgemischen mit nachträglicher Sortierung die bevorzugte Handlungsoption. Dies gilt für gemischte gewerbliche Siedlungsabfälle ebenso wie für gemischte Bau- und Abbruchabfälle.

Anwendungsbereich

Die Gewerbeabfallverordnung gilt für die Bewirtschaftung, insbesondere die Erfassung, die Vorbehandlung, die Vorbereitung zur Wiederverwendung, das Recycling und die sonstige Verwertung

  1. gewerblicher Siedlungsabfällen und
  2. bestimmter Bau- und Abbruchabfällen.

Die Gewerbeabfallverordnung gilt für Erzeuger und Besitzer der vorgenannten Abfälle sowie für die Betreiber der Vorbehandlungs- und Aufbereitungsanlagen.

Gewerbliche Siedlungsabfälle sind Siedlungsabfälle aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen. Siedlungsabfälle sind in Kapitel 20 der Anlage der Abfallverzeichnisverordnung (AVV) aufgelistet. Zu den gewerblichen Siedlungsabfällen zählen aber auch weitere gewerbliche und industrielle Abfälle, die nicht in Kapitel 20 der Anlage der Abfallverzeichnis-Verordnung enthalten sind, die aber nach Art, Schadstoffgehalt und Reaktionsverhalten wie Siedlungsabfälle entsorgt werden können. Diese Abfälle können nach getrennter Sammlung recycelt oder energetisch verwertet werden.

Bau- und Abbruchabfälle sind die bei Bau- und Abbruch anfallenden mineralischen und weiteren nicht mineralischen Abfälle, die in Kapitel 17 der Anlage der Abfallverzeichnisverordnung (AVV) aufgelistet sind, mit Ausnahme von Bodenaushub (Abfallgruppe 17 05).

§ 3 regelte die getrennte Sammlung, Vorbereitung zur Wiederverwendung und das Recycling von gewerblichen Siedlungsabfällen. In Umsetzung der fünfstufigen Abfallhierarchie des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) enthält  § 3 nunmehr eine stringente Verpflichtung zur getrennten Sammlung bestimmter gewerblicher Siedlungsabfälle und deren vorrangige Zuführung zur Vorbereitung zur Wiederverwendung oder zum Recycling und zwar wie folgt:

  1. Papier, Pappe und Karton mit Ausnahme von Hygienepapier,
  2. Glas,
  3. Kunststoffe,
  4. Metalle,
  5. Holz,
  6. Textilien,
  7. Bioabfälle
  8. Weiter Abfallfraktionen.

Das Vermischungsverbot von gefährlichen Abfällen bleibt bestehen.

Die Verpflichtung zur getrennten Sammlung entfällt nur, soweit die getrennte Sammlung der jeweiligen Abfallfraktion technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht zumutbar ist.

Technisch nicht möglich ist die getrennte Sammlung insbesondere dann, wenn für eine Aufstellung der Abfallbehälter für die getrennte Sammlung nicht genug Platz zur Verfügung steht oder die Abfallbehälter an öffentlich zugänglichen Abfallstellen von einer Vielzahl von Erzeugern befüllt werden und die getrennte Sammlung aus diesem Grund durch den Besitzer nicht gewährleistet werden kann.

Wirtschaftliche Unzumutbarkeit liegt vor, wenn die Kosten für die getrennte Sammlung, insbesondere auf Grund einer sehr geringen Menge der jeweiligen Abfallfraktion, außer Verhältnis zu den Kosten für eine gemischte Sammlung und eine anschließende Vorbehandlung stehen.

§ 3 Abs. 3 bestimmt die jeweiligen Dokumentationspflichten für die Erzeuger und Besitzer von

gewerblichen Siedlungsabfällen näher. Sie sind unabhängig von den Nachweis- und Registerpflichten des §§ 49 und 50 KrWG, die nur für Erzeuger und Besitzer von gefährlichen Abfällen gelten. Die Dokumentation ist wie folgt vorzunehmen:

  1. für die getrennte Sammlung durch Lagepläne, Lichtbilder, Praxisbelege, wie Liefer- oder Wiegeschein oder ähnliche Dokumente (das Wahlrecht liegt beim Erzeuger und Besitzer)
  2. für die Zuführung der getrennt gesammelten Abfälle zur Vorbereitung zur Wiederverwendung oder zum Recycling durch eine Erklärung desjenigen, der die Abfälle übernimmt, wobei die Erklärung dessen Namen und Anschrift sowie die Masse und den beabsichtigten Verbleib des Abfalls zu enthalten hat, und
  3. für das Abweichen von der Pflicht zur getrennten Sammlung durch eine Darlegung der technischen Unmöglichkeit oder der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit.

Die Pflichten zur Vorbehandlung von gewerblichen Siedlungsabfällen (§ 4) sind neu. Es werden die Anforderungen an Erzeuger und Besitzer hinsichtlich der Vorbehandlung von gemischten gewerblichen Siedlungsabfällen geregelt. Erzeuger und Besitzer sind verpflichtet gemischte gewerbliche Siedlungsabfälle unverzüglich (ohne schuldhaftes Zögern) einer Vorbehandlungsanlage zuzuführen. Die unverzügliche Zuführung ist auch dann noch erfüllt, wenn sie über eine genehmigte Umschlaganlage oder Zwischenlager erfolgt.

Eine unmittelbare Zuführung zu einer energetischen Verwertung, die nach der bislang geltenden Gewerbeabfallverordnung als gleichrangige Alternative zulässig war, wird zur Ausnahme und ist nur noch unter den Voraussetzungen der fehlenden technischen Möglichkeit oder wirtschaftlichen Zumutbarkeit zulässig (§ 4 Abs. 3). Bei der Zuführung zur energetischen Verwertung dürfen Gemische Bioabfälle, Glas, Metalle und mineralische Abfälle nur enthalten, soweit sie die Verwertung nicht beeinträchtigten oder verhindert (§ 4 Abs. 4).

§ 4 Abs. 2 stellt sicher, dass Erzeuger und Besitzer von Gemischen diese nur Vorbehandlungsanlagen zuführen, die eine qualitativ hochwertige Behandlung sicherstellen. Dafür haben sich Erzeuger und Besitzer bei der erstmaligen Übergabe der Gemische von dem Betreiber der Vorbehandlungsanlage in Textform bestätigen zu lassen, dass die Anlage die Anforderungen nach § 6 Abs. 1 und 3 (Anforderungen an Vorbehandlungsanlagen) erfüllt.

§ 4 Abs. 5 bestimmt die Dokumentationspflichten für die Erzeuger und Besitzer von gemischten gewerblichen Siedlungsabfällen näher. Die Darlegungs- und Beweislast für die Erfüllung der Pflicht zur Zuführung der Gemische zu einer Vorbehandlungsanlage oder dem Abweichen davon nach § 4 Abs. 3 i.V.m. § 4 Abs. 4 liegt ausschließlich beim Erzeuger und Besitzer der Abfälle. Die Dokumentation ist obligatorisch und muss grundsätzlich immer vorgehalten werden. Vorgaben des „Wie“ werden in der Verordnung nicht gemacht. § 4 Abs. 5 Satz 2 nennt nur Beispiele für Dokumentationsmöglichkeiten. So können zur Dokumentation der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit Angebote von Sortieranlagen und sonstigen Verwertungsanlagen herangezogen werden. Die Dokumentation ist nur auf Verlangen der Behörde vorzulegen.

§ 7 regelt die Überlassung von gewerblichen Siedlungsabfällen, die nicht verwertet werden können. Diese sind dem zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nach Maßgabe des KrWG zu überlassen. Diese Vorgabe entspricht im Wesentlichen der bisherigen Gewerbeabfallverordnung.

§§ 8 und 9 regeln die getrennte Sammlung und Entsorgung von Bau- und Abbruchabfällen. Betroffen sind Neubau-, Renovierungs-, Sanierungs- und Abbruchmaßnahmen. Gegenüber der bisherigen Vorschrift wird die Getrenntsammlungspflicht stringenter gefasst, indem die weitgehende Parallelität von getrennter und gemischter Erfassung aufgegeben und ein echtes Regel-Ausnahme-Verhältnis statuiert wird. Erstmals einbezogen wird der selektive Rückbau als Mittel zur Förderung eines hochwertigen Recyclings.

Folgende Abfallfraktionen sind getrennt zu sammeln, zu befördern, der Vorbereitung zur Wiederverwendung oder dem Recycling zuzuführen:

  1. Glas
  2. Kunststoff
  3. Metalle, einschließlich Legierungen,
  4. Holz,
  5. Dämmmaterial,
  6. Bitumengemische,
  7. Baustoffe auf Gipsbasis,
  8. Beton,
  9. Ziegel,
  10. Fliesen und Keramik.

Holz, Dämmmaterial, Bitumengemische (finden sich z.B. in Abdichtungen, Estrich, Dachpappe, Trag-, Binde- und Deckschichten für Wege- und Straßenbau etc.) und Baustoffe auf Gipsbasis sind gegenüber dem bisher geltenden Recht neu hinzugekommen. Auch bei den Bau- und Abbruchabfällen besteht ein Vermischungsverbot für gefährliche Abfälle. Ebenso besteht bei den Bau- und Abbruchabfällen eine Ausnahme zur Verpflichtung der getrennten Sammlung, soweit dies technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht zumutbar ist. Auch bei Bau- und Abbruchabfälle bestehen Dokumentationspflichten (§ 8 Abs. 3). Insoweit wird auf die obigen Ausführungen zu § 3 Abs. 3 verwiesen.

Gemische, die überwiegend Kunststoffe, Metalle, einschließlich Legierungen, oder Holz enthalten, sind unverzüglich einer Vorbehandlungsanlage zuzuführen. In diesen Gemischen dürfen Beton, Ziegel, Fliesen und Keramik nur enthalten sein, soweit sie die Vorbehandlung nicht beeinträchtigen oder verhindern. Gemische, die überwiegend Beton, Ziegel, Fliesen oder Keramik enthalten, sind unverzüglich Aufbereitungsanlagen zuzuführen.

Glas, Dämmmaterial, Bitumengemische und Baustoffe auf Gipsbasis dürfen nur enthalten sein, soweit sie die Vorbehandlung oder Aufbereitung nicht beeinträchtigen oder verhindern.

§ 9 Abs. 2 formuliert entsprechend der Parallelvorschrift des § 4 Absatz 2 eine Bestätigungspflicht für Aufbereitungsanlagen. Zu bestätigen ist die Herstellung von „definierten Gesteinskörnungen“.

Gemischte Bau- und Abbruchabfälle (Abfallschlüssel 17 09 04) sind unverzüglich entweder einer Vorbehandlungs- oder einer Aufbereitungsanlagen zuzuführen (§ 9 Abs. 2). Diese Pflicht entfällt auch hier nur dann, soweit die Behandlung der Gemische in einer Vorbehandlungs- oder Aufbereitungsanlage technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht zumutbar ist (§ 9 Abs. 4). In diesem Fall sind die Gemische von anderen Abfällen getrennt zu halten und unverzüglich vorrangig einer ordnungsgemäßen, schadlosen und hochwertigen sonstigen Verwertung zuzuführen § 9 Abs. 5). Auch insoweit besteht eine Dokumentationspflicht entsprechend der Vorgaben des § 4 Abs. 5. Auf die Ausführungen dazu wird daher verwiesen.

Weitere Regelungen betreffen ausschließlich Betreiber von Vorbehandlungsanlagen und sind für das Unternehmen nicht relevant. Im Übrigen sind die mit der Neufassung der Gewerbeabfallverordnung verbundenen Änderungen für das Unternehmen relevant.

Inkrafttreten der Gewerbeabfallverordnung

Die Neufassung der Gewerbeabfallverordnung tritt am 01.08.2017 in Kraft. Die Verpflichtung zur Bestätigung durch den Betreiber der Vorbehandlungsanlage nach § 4 Abs. 2 tritt erst am 01.01.2019 in Kraft.

Handlungsempfehlung

Das Unternehmen hat sich mit den neuen Vorgaben zur getrennten Sammlung von Gewerbeabfällen auseinander zusetzen. Soweit bislang nicht alle Abfallfraktionen im Unternehmen getrennt gehalten worden sind, sollte die Sammlung entsprechend organisiert werden (Aufstellen von geeigneten Behältnissen, Auswahl eines geeigneten Aufstellungsortes, Kennzeichnung der Behältnisse, ggf. Erstellung von Betriebsanweisung, usw.). Ebenso sind die geänderten bzw. neuen Dokumentationspflichten zu beachten.

Es wird nochmals auf das getrennte Sammeln von gefährlichen Abfällen verwiesen. Bei Bau- und Abbruchabfällen zählen z.B. PCB-haltiges Fugenmaterial, asbesthaltige Bau- oder Dämmstoffe, DDT-haltige Wandanstriche oder Altholz der Kategorie A IV zu den gefährlichen Abfällen.